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[2153]

Ambrosius Blarer an
Bullinger
Konstanz,
8. und [Griesenberg], 13. Mai 1545

Autograph: Zürich StA, E II 357, 129-131 (Siegelspur) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 362-364, Nr.1185

Blarer übersendet die von [Hans] Welser geschickten "Artikel" der Löwener Theologen vom 6. Dezember 1544, die [Karl V] schon vor deren Verfassung in einem Edikt vom 14. März 1544 [richtig aber: 1545] bestätigt hatte! Er bittet um Rücksendung durch [Johannes von Ulm]. Welser berichtet, dass Kaiser [Karl V.], König [Franz I.] und Papst [Paul III.] am 17. April Botschafter von Venedig zu [Suleiman L] entsandt haben, um über einen Frieden zu verhandeln. Auf dem Reichstag [zu Worms] wurde noch nichts unternommen; die Protestanten wollen über den Frieden verhandeln, was aber als unnötig abgelehnt wird, da [Paul. III.] ein Konzil einberufen hat. Blarer wundert sich, dass [die Zürcher] sich trotz [Heinrich von Ulms] Einsatzes nicht der [Kriegskunst von Konrad Zwick] annehmen. Aus Augsburg wird berichtet, dass [Johann Friedrich I.] von Sachsen, Moritz von Sachsen und [Philipp von Hessen] herrenlose Truppen [Herzog Heinrichs von Braunschweig] bei Münster in Westfalen zerschlagen haben. Die spanischen Truppen ziehen auf Donauwörth zu. Deshalb wurde von Augsburg eine Truppe zur Unterstützung dorthin geschickt. Seit Ostern befinden sich zwei Kardinäle [Giovanni Maria Ciocchi del Monte und Marcello Cervini] in Trient und benehmen sich so schändlich, dass die Bürger ihre Frauen und Töchter in Sicherheit bringen. Am 22. April [1545] starb Herzog Ludwig [X.] von Bayern, ein Freund Herzog Heinrichs von Braunschweig, in Landshut. Möge der Herr seine Kirche aus diesen Gefahren retten! In Bern gibt es immer noch Streit und Parteiungen, besonders unter den Predigern, von denen einige

13 Ioh 15, 16.
14 Anna, geb. Adlischwyler, war am 29.
April 1545 von einer Tochter (Dorothea) entbunden worden; s. HBD 32f.

Luthers Schriften deren Widerlegungen vorziehen. Möge der Herr dem Einhalt gebieten! Grüße. [P.S.:]Blarer empfiehlt [Johannes von Ulm und seine Gefährten]. [Nachschrift:] Er öffnete den Brief nochmals, da die jungen Leuten nicht verreist sind. [Heinrich von Ulm] wird in Zürich mit Artikeln [Konrad Zwickt]eintreffen, die dieser Blarer kürzlich mit der Bitte um Urteil gab. Bullinger soll diese auch beurteilen und bei Befürwortung auch [Johannes Haab und Hans Rudolf Lavater]zeigen, während Blarer in Griesenberg auf die Rückkehr [Heinrich von Ulms] wartet, damit [Zwick] die Artikel zwischenzeitlich nicht zurückfordern kann. Blarer scheint alles annehmbar, und er hofft, die Sache [der Kriegskunst] werde nun geregelt, bevor es zu spät ist. Die spanischen Truppen sind schon nach Österreich aufgebrochen. Papst [Paul III. richtig: König Franz I.] hat [die Waldenser in] Cabrièresd'Avignon überfallen und alle ermorden oder für den Galeerendienst gefangen nehmen lassen; in umliegenden Orten will er genauso verfahren. Bullinger soll sich in die Herberge zu Heinrich [von Ulm]begeben, da dieser schlecht zu Fuß ist.

S. Nudiustertius a Welsero 1 , Augustanorum optimo consule, literas accepi, 2 quibus te valde quam officiose salvere iubet. Misit articulos istos Lovaniensium theologastorum a caesare 3 confirmatos, ut similes haberent labra lactucas 4 Observabis in eo scripto diligenter, quod caesar illos confirmavit, antequam essent editi. Datum enim est ipsius edictum 14. martii anno 1544 5 , theologica vero facultatis magistralis determinatio die 6. decembris eiusdem anni. Interim tamen affirmat cesar articulos hosce in suo concilio accurate pellectos catholicos et sanctos compertos, etc., ut nemo non videat, quibus artibus negocium suum agant hostes veritatis. 6 Voluit Weise-rus ut tibi quoque articulos istos legendos mittam, id quod alioqui facturus eram. Rogo vero te, ut per hunc ipsum adulescentem 7 sororii mei 8 ex

1 Hans Welser.
2 Der vor dem 6. Mai 1545 verfasste Brief Welsers findet sich nicht in Blarer BW; vgl. aber unten Nr. 2156, 30.
3 Karl V.
4 Vgl. Adagia, 1, 10, 71 (ASD 11/2 468, Nr. 971).
5 Richtig ist 1545, also nachdem die Artikel geschrieben waren. — Das falsche Datum bei Welser geht vielleicht auf einen fehlerhaften Druck (s. unten Anm. 6) oder eine mangelhafte Abschrift zurück.
6 Es handelt sich um die von der Theologischen Fakultät in Löwen am 6. Dezember 1544 aufgestellten 32 Artikel zur katholischen Glaubenslehre, die der Kaiser am 14. März 1545 als verbindlich für die gesamten Niederlande erklärt hatte, und die Granvella Ende Mai den Evangelischen am Reichstag zu Worms vorlegte. Die Artikel wurden in Löwen mehrmals gedruckt: zweisprachig (Latein und Französisch: s. Belg. typ. 1114, Nr. 5110; III 9, Nr. 7804; und WA LIV 412f-Latein und
Niederländisch: s. aao III 9, Nr. 7805), lateinisch (s. aao 113, Nr. 175) und niederländisch (s. aao 1114, Nr. 5111). Im deutschen Sprachraum wurden sie ebenfalls mehrfach, sowohl auf Latein als auch auf Deutsch, gedruckt; s. VD 16 L 2324-2330, ZV 20874f, 21939; NBD VIII 217f, Anm. 4; Lenz 11348, Anm. 10; RTA JR XVI/I 115, Anm. 5; RTA JR XVI/2 1279, Anm. 8. Textausgabe der Artikel in WA LIV 41 2— 442. — Mindestens zwei dieser Ausgaben (VD 16 L 2328 und L 2330) haben ein antipäpstliches Vorwort, das in WA LIV 413f veröffentlicht ist) s. auch Brockmann 558). Auch Bucer publizierte die Artikel samt einer Widerlegung; s. VD 16 B 8900— 8902; BucerBibl, Nr. 146-148.
7 Johannes von Ulm (ab Ulmis, Ulmer) — nicht zu verwechseln mit Johann Konrad Ulmer! —, geb. 1530, gest. 1580, war ein unehelicher, aber anerkannter Sohn des Hans Jakob von Ulm. 1543/44 war er Student in Basel (Basel, Matrikel II 37, Nr. 31; 623). Von Frühjahr 1548 bis Septem

fratres illegitimum nepotem 10 , sed sanctissimum plane hominem, scriptum hoc remittas. Nemo enim hic extra me legit; adeo hen prorsus fui ad alium her

1552 studierte er am Christ Church College, Oxford (Baccalaureus 1549, Magister 1552; s. Joseph Foster, Alumni Oxonienses, Early Series, Bd. 4, Oxford/London 1892 [Nachdruck: Nendeln 1968], S. 1529) und unterhielt einen regen Briefwechsel mit den Zürchern. Daraus ist zu entnehmen, dass er im Thurgau (nicht in Ulm) aufwuchs und sich für zwei Jahre in oder bei Zürich aufhielt (Epistolae Tigurinae 267 — er bezeichnet sich auch selbst als "Helvetius", aao, S. 251. 272), wo er auch Bullinger traf (S. 252), der für ihn mehrere Empfehlungsschreiben an bekannte Engländer (S. 249) wie etwa Richard Cox (S. 257) und Bartholomew Traheron (5. 290) verfasste. Im Dezember 1548 hielt er sich im Haus Traherons auf, mit dem er während seiner Zeit in England in engem Kontakt stand (5. 213. 215). Im August 1549 befand er sich schon wohl aufgrund eines Empfehlungsschreibens Bullingers (5.259)—zusammen mit Ralph Skinner und John Willock im Gefolge des späteren Duke of Suffolk, Henry Grey, des Vaters von Jane Grey, der von Ulm eine jährliche Pension zusprach (5. 256. 259). Skinner und Willock waren es auch, die auf den Wunsch Henry Greys hin von Ulm baten, von Bullinger eine Widmung eines Buches an Grey zu erreichen (5. 259. 263); tatsächlich widmete Bullinger ihm 1552 die "Sermonum Decas quinta" (HBBibl I 182). Im März 1550 hielt sich von Ulm im Hause John Hoopers auf und lebte bzw. studierte zusammen mit Johannes Stumpf d.J. und Christoph Froschauer d.J. (Epistolae Tigurinae 265. 467). Zu dieser Zeit gehörte er schon zum Kreis um Peter Martyr Vermigli (aao, S. 266. 268f). Spätestens im Herbst 1550 hatte von Ulm auch Greys Tochter Jane kennengelernt, deren Gelehrsamkeit er rühmte und für die er Bullingers "Der Christlich Eestand" (HBBibl 1129) ins Lateinische übersetzte (Epistolae Tigurinae 278), wovon diese wiederum eine griechische Teilübersetzung für ihren Vater anfertigte (aao, S. 282). Im Frühjahr 1551 reiste von Ulm mit Henry Grey nach Schottland (S. 283) und verbrachte wiederum einige Zeit in dessen Haushalt in der Gesellschaft von James Haddon, Jane und ihrem Lehrer John Aylmer. Während dieses Aufenthalts fällt von Ulms Brief an Pellikan, in dem er diesen um Ratschläge zum Hebräischlernen für Jane bittet (S. 284-286). Daher stammt vielleicht auch die gängige Beschreibung von Ulms als Lehrer Jane Greys, die sich sonst in den Quellen nicht eruieren lässt; eine Stellung als Lehrer Henry Greys erscheint noch unwahrscheinlicher. Noch vor der kurzen Regierungszeit Jane Greys und der Sukzession Maria Tudors verließ von Ulm wohl im Herbst 1552 England (S. 215). 1553 wurde er Pfarrer in Hirzel (Kt. Zürich). Im Mai des gleichen Jahres heiratete er die Zürcherin Gertrud Bräm (s. Hans Schulthess und Hans Ulrich Pfister, Ehen im Kanton Zürich 1525 — 1700 sortiert nach Familienname und Vorname der Männer, Staatsarchiv des Kantons Zürich, Mai 2000 [Signatur: StAZ, Db 401:9]). 1555 Pfarrer in Müllheim (Kt. Thurgau). Von 1558 bis zu seinem Tod 1580 Pfarrer in Egg (Kt. Zürich). —Es sind aus England für die Zeit-von-1548 bis 1551 30 Briefe von Ulms an Bullinger erhalten (einer davon wurde zusammen mit Alexander Schmutz verfasst, ein anderer mit Richard Cox). —Lit.: Johann Jakob Hirsch gartner. Stemmatologia Turicensis oder Chronologische Beschreibung aller zürcherischen Geschlechter (Zürich ZB, MSC V 808), s.v. "Ulmer"; Epistolae Tigurinae bzw. Original Letters (neben den Briefen von Ulms selbst s. auch Briefe aus dessen Umfeld, wie Johannes Stumpf d.J., Christoph Froschauer d.J., John Aylmer, John Hooper, Peter Martyr Vermigli); Pfarrerbuch 575; Sulzberger 93; HBLS VII 115.
8 Heinrich von Ulm.
9 Hans Jakob von Ulm; s. Erhard Dürsteler, Zürcher Geschlechterbuch, Bd. 8/5 (Zürich ZB, Ms E 23), f. 206r.; Carl Keller-Escher, Promptuarium genealogicum, Bd. 7 (Zürich ZB, Ms ZU 6a), S. 157.
10 Gemeint ist: Johannes von Ulm war der uneheliche Sohn von Hans Jakob von Ulm, dem Bruder von Blarers Schwager Heinrich von Ulm.

palum ligatus, ut non vacaverit vel mittere germano fratri" aut alus fratribus et amicis.

Welserus ita inter caetera:

"Es haben kai. mt., ko. von Franckreych 12 und papst 13 auff 17. aprilis ausß Venedig ain bottschafft zu dem Turcken 14 gesandt, amen fridstand auff dreu jar zemachen. Ob es fürsich gehn 15 oder nitt, wirt die zyt zu erkennen geben; warum aber sölichs bescheche, hapt ir lichtlich zu erwegen. 16

So ist noch auff dem reychstag 17 gar nichts gehandelt. Die protestierenden haltend an um erstreckung des fridens, dargegen aber geantwurt wirt, sy sollend sich der vorigen gebnen fridens benugen lassen; welchs aber inen nitt gelegen will sein. Dann die wil der selbig nitt lenger dann byß uff ain kunpftig concilium gegeben worden, und der papst yetzund ain concilium hellt, 18 welchs der kaiser fur christelich achten will, so wurde yetzund der friden ausß sein. Was aber erlangt werde, wurt man bald gewar. 19 Es ist schympflich und zogt ain schwach vertrauwen zu gott an, das man allso by der wellt ain versprochnen friden sticht, sonderlich by disen leuten, dieweyl am tag lygt, wann sy gleych hundert tausend brieff und sigel geben a20 , ouch aid darum gethan hettend, das sy doch solichs alles nitt lenger, dann byß sy ir gelegenhait, unß anzegreyffen, ersechen mögend, halten werden, sich selbs ouch nitt schuldig achtend, sölichs an unß, die sy fur verdampt ketzer achtend, ze halten."

Das sich ewer herren der sach, davon ir wisst, ouch uff meins lieben schwöstermans 21 anzögen und getreuw erinnern nitt anderst annemen, kan ich mich warlich nitt gnugsam verwunderen; dann mir gar nitt zweyfellt,

a geben über der Zeile nachgetragen.
11 Thomas Blarer.
12 Franz I.
13 Paul III.
14 Suleiman I.
15 vorangehe.
16 Zu den Friedensverhandlungen zwischen Karl V., Ferdinand I. und Suleiman I. s. oben Nr. 2071, Anm. 32; eine päpstliche Gesandtschaft konnte nicht ermittelt werden. Nach dem Tod von Ferdinands Gesandtem Gerolamo (Hieronymus) Adorno bald nach dessen Ankunft in Konstantinopel am 15. März 1545 wurde dessen Begleiter Giovanni (Gioan) Maria Malvezzi zusammen mit Adornos Nachfolger Nikolaus Sick (Nicole Secco) (s. dessen Instruktion vom 21. Mai 1545 in: Austro-Turcica 59-69, Nr. 21) erneut an die Pforte gesandt. Gleichzeitig schickte auch Karl V. einen Gesandten, Gerhard Veltwyck,
der sich zusammen mit Jean de Montluc, dem Gesandten Franz' I., von Venedig aus (doch erst am 23. Juni) auf die Reise nach Konstantinopel machte; s. Ion Ursu, La politique orientale de François ,er (15 15— 1547), Paris 1908, S. 160f; Johann Wilhelm Zinkeisen, Geschichte des osmanischen Reiches in Europa, 2. Teil, Gotha 1854, S. 858-860; Ernest Charrière, Négociations de la France dans le Levant, Bd. 1, Paris 1848, S. 580-620; NBD VIII 219, Anm. 4.
17 Der Reichstag zu Worms.
18 Das Konzil von Trient, das am 13. Dezember 1545 eröffnet wurde.
19 Zu den zähen Verhandlungen am Reichstag zu Worms s. oben Nr. 2146, 19-22 und Heidrich, Karl V. II 64f.
20 Gemeint ist: auch wenn sie unzählige rechtskräftige Urkunden gaben.
21 Heinrich von Ulm, der Mann von Blarers Schwester Barbara.

wann sy meines lieben vetters 22 vorhaben und grunde aigenlich verstundend, sy wurden vyl anderst darzu thamal, und mein lieber schwager, nach dem ich im yetzund ettlich articul in vertrauwen eroffnet, ist von newem gantz bewegt und unrugig, wie er dann gewiß ain aidgnoschafft mit truwend maint []b

||130 Auff diß stund kompt mir schreiben von Augspurg, 26 das der hertzog von Sachsen 27 auch hertzog Moritz zu Sachsen und landgrauff 28 ausszogen seyen wider 3'000 mann, so in der revier 29 um Monster 30, on ain herren in Wespfalen gelegen, der christlichen verstentnusß 31 zu nachtail. Habend beschaid von inn haben wellen, aber kam güten bschaid funden; dann sy haben kamen herren anzogen 32 wellen, derhalb sy sy angriffen, mitt inen getroffen sy zertrent, den grossem tail erschlagen und den syg behalten haben. 34 34

Es kommend yetzund auch uff datum (welchs ist 3. may) 3'000 Spanier mitt 2'000 drosß 35 gen Thonawerd 36 ; da sollen sy belyben byß uff weytern bschaid. Haben mine herren von Augspurg inen ain fenle 37 knecht zu Thonawerd in die statt zu ainem trost gelegt. 38

So wisst, das zwen cardinel syd c osteren zu Trient ligend; fürend ain solich schantlich, unrain leben, das die burger zu Trient ire weyber und tochteren uss der statt flöchnend 39 damitt sy von disen hailigen leuten nitt enthailiget werden. 40

b Darauf folgen unleserlich gemachte Wörter und die darauffolgende Zeile wurde weggeschnitten.
c In der Vorlage sy.
22 Konrad Zwick.
23 Es geht um Zwicks Kriegskunst und ein etwaiges Bündnis zwischen Konstanz und der Eidgenossenschaft; s. oben bes. Nr. 2134, 70-85.
24 tun.
25 Vertrauen.
26 Nicht in Blarer BW.
27 Johann Friedrich I.
28 Philipp von Hessen.
29 Gegend, Bezirk.
30 Münster in Westfalen.
31 Gemeint ist der Schmalkaldische Bund.
32 nennen, angeben.
33 gekämpft.
34 Die herrenlosen Truppen um Münster, die Herzog Heinrich von Braunschweig gegen den Bischof von Münster, Franz von Waldeck, angeworben hatte, sorgten schon im Sommer 1544 für Aufruhr; s. HBBW XIV 344, Anm. 24. Im Frühjahr 1545 waren die oben genannten Fürsten
bemüht, sich diesen Truppen entgegenzustellen und den Machenschaften Heinrichs Einhalt zu gebieten; s. Moritz von Sachsen PK II, Nr. 685-687; S. 230-232, Nr. 690; S. 233, Nr. 692. Es kam jedoch zu keinem Angriff der Fürsten, da die herrenlosen Truppen von der einheimischen Bevölkerung auseinandergetrieben wurden; s. PC III 585. 587.
35 Gepäckzug.
36 Donauwörth.
37 Fähnlein, Bataillon.
38 Angesichts der durchziehenden Truppen hatten die Donauwörther Augsburg um Unterstützung gebeten. Die Stadt schickte eine Gruppe Soldaten unter Hauptmann Bernhard von Kalb und beauftragte gleichzeitig Sebastian Schertlin, weitere Soldaten anzuwerben; s. Friedrich Roth, Beziehungen der Stadt Augsburg zur Reformation in Donauwörth (1538-1546), in: Beiträge zur bayerischen Kirchengeschichte 10, 1904, 162f und Anm. 1; sa. oben Nr. 2149, Anm. 43.
39 in Sicherheit bringen.
40 Päpstliche Legaten und mit der Führung des Konzils beauftragt waren die Kardinäle

Sonst diser zyt nitt vyl sonder newes, etc., dann das 41 hertzog Ludwyg von Payern 42 zu Landshut auff 22. aprilis gestorben ist, der ain haimlicher find des evangeliums und ain sonder freund, heiser und rath hertzog Hainrichs d von Braunschweig gewesen. 43 Haec omnia ex Augusta.

Clamemus ad dominum, mi anime, ut ecclesiam suam ab istis gravissimis, que ubique impendent, periculis cliementer conservet, dies istos vere malos abbreviet, 44 quo quamprimum fiamus salvi.

Audimus inter Bernates gravissima esse offendicula et non ferendas factiones cumprimis inter concionatores, quorum nonnulli libellos illos 45 , quibus Luthero responsum est, schutzenbuchlin und fantastenbüchlin nennind, quibus longe praestent Lutherana scripta. 46 Ah Christe servator et pacificator, impera tandem ventis istis et mari, 47 ut tranquillam ac serenam aliquando faciem sponsae tue 48 videamus! Commenda nos domino diligenter cum omnibus tuis.

Salutant te nostri omnes. Bene vale, charissime et optime frater.

Constantiae, 8. may 1545.

Tuus Ambr. Blaurerus.

Commendo tibi pientissimos hosce adulescentes 49 .

||131 [Nachschrift:] Epistolam istam [rursu]s e resignavi, quod adulescentuli 50 mutato con[silio non] abierint. Sed en tibi sororium meum 51 , qui tecum de negocio colloquetur tuo usurus consilio. Habet secum consobrini 52 articulos, quos nuper mihi legendos exhibuit, rogans meum in illis iudicium. Ich habs im in höchstem vertrauwen mittgetailt und hyn yetz zu Griessenberg 53 allain, damitt mein vetter nienen 54 die articul an mich forderen mog. Will

d In der Vorlage Hainrich.
e Konjektur. Hier und an der folgenden Stelle Textverlust bei Ausschnitt des Siegels.
Giovanni Maria Ciocchi del Monte (der spätere Papst Iulius III.), Marcello Cervini und Reginald Pole, von denen die beiden Erstgenannten schon am 13. März (und damit vor Ostersonntag, dem 5. April 1545) in Trient eintrafen; s. Pastor V 513f; RE XX 101.—Zu deren Verhalten in Trient konnte nichts ermittelt werden.
41 dann das: außer dass.
42 Ludwig X., Herzog von Bayern.
43 Die beiden katholischen Herzöge waren ab 1538 Hauptmänner des Nürnberger Bundes; s. HBBW IX 84, Anm. 5f.
44 Vgl. Mt 24, 22 par.
45 Das "Warhaffte Bekanntnuß"(oder dessen lateinische Fassung "Orthodoxa Tigurinae ecclesiae confessio"; s. oben Nr. 2061, Anm. 9) und möglicherweise auch Gwalthers "Apologia" (s. oben Nr. 2094, Anm. 36).
46 Zu den Streitigkeiten in Bern s. oben Nr. 2061.9-11; Nr. 2063, 1-28.
47 Vgl. Mk 4, 35-41.
48 Vgl. Apk 21, 2.
49 Johannes von Ulm und unbekannte Gefährten.
50 Dieselben wie oben Z. 76.
51 Heinrich von Ulm.
52 Konrad Zwick.
53 Griesenberg, Kt. Thurgau, der Wohnsitz der Familie Heinrich von Ulms.
54 nicht.

warten, bys f mm schwager widerum von euch kompt. Lesst die articul mitt vleyß mitt im und, sicht es euch fur gilt an, so soll ers alls dann die zwen herren 55 ouch lesen lassen mitt maß, wie er waist. Mich bedunkt warlich, es were billich und alles annemlich. Gaht es yetz nitt, sorg ich, es werde hernach diser kunst halb versumpt 56 sein, dann ander suchen auch vor augen.

Die 3'000 Spanyer, davon oben gemeldt, 58 synd uffgesessen und in Osterreych hinab gefaren, haben hioben 59 nitt lang platz gehapt.

So hat der papst yetzund vor drey wochen durch ain legaten 60 , der dann ettlich tausend knecht gemacht, Caprian 61 , ain stettlin, uberfallen -ligt naisman nitt weyt von Avion 63 —und gantz tyrannisch darinn gehandelt, alles erwirgt und ettlich menner gefangen, die er uff gale 64 schmiden well lassen. Gedenckt gegen ettlich anderen umligenden stettlin ouch dermaß zu handlen, um des gotzworts willen. 65

Datum den 13. may 1545.

Weht bemühet sein und zu meinem lieben schwager Hainrichen in sein herberg euch verfeugen; er ist übel zu fuß.

[Adresse auf der Rückseite:] Clarissimo viro d. Heinricho Bullingero, observando suo et charissimo fratri in Christo. Tiguri.

f In der Vorlage by.
55 Johannes Haab und Hans Rudolf Lavater.
56 versäumt.
57 Gemeint ist: Denn andere wollen offensichtlich auch die Kriegskunst besitzen.
58 Siehe oben Z. 51-54.
59 Donauwörth.
60 Päpstlicher Legat von Avignon war zu diesem Zeitpunkt Alessandro Farnese, der aber nicht in Avignon lebte. Hier ist wohl der Vizelegat Antonio Trivulzio gemeint, dessen Verstrickung in dieses Massaker belegt ist; s. Paul Gaffarel, Les massacres de Cabrières et de Mérindol en 1545, in: Revue historique 107, 1911, 254. 259; le comté d'Allard, Escalin. Patre, ambassadeur et général des galères de France. Recueil de documents concernant sa vie, in: Bulletin de la société départementale d'archéologie et de statistique de la Drome 30, 1896, 256f (dort die Lesung "Lothon", wohl aus einem Lesefehler für "Anthon."). —Die Massaker wurden allerdings v.a. von
Vertretern Franz' I. ausgeführt, nämlich unter der Führung von Jean Maynier d'Oppède, Präsident des Parlement de Provence, und unter Benutzung der Truppen von Antoine Escalin des Ai mars. genannt le Capitaine Poulin oder Paulin Poni: s. Gabriel Audisio, Les vaudois du Luberon. Une minorité en Provence (1460— 1560), Mérindol 1984, S. 347-370; Dictionnaire de biographie française, Bd. 12, Paris 1970, Sp. 1408-1411 (unter "Escalin").
61 Cabrières-d' Avignon, Dép. Vaucluse.
62 irgendwo.
63 Avignon.
64 Galeeren. — Siehe dazu William Monter, Judging the French Reformation. Heresy Trials by Sixteenth-Century Parlements, Cambridge, Mass/London 1999, S. 100.
65 Das Massaker vom 19. und 20. April 1545 in Cabrières-d' Avignon war Höhepunkt und Abschluss einer Woche des Mordens an den Waldensern im Luberon; s. Audisio, aao. S. 362f; Monter, aao, S. 96-103.