[2137]

Richard Hilles an
Bullinger
Straßburg,
15. April 1545

Autograph: Zürich StA, E II 343a, 327 (Siegelfragment)

Hilles zweifelte niemals an Bullingers Wohlwollen und Großzügigkeit. Doch übertrifft dieser sich immer mit seinen Geschenken, über die Hilles sich zwar sehr freut, für die er sich aber niemals hinreichend revanchieren kann. John Burcher hat ihm kürzlich geschrieben, dass er sich um das [Zürcher]Bürgerrecht bemüht, dafür aber eine Bestätigung von glaubwürdigen Personen braucht, dass er einer legitimen Ehe entstammt und nicht wegen einer Straftat aus [England]geflohen ist, sondern aus Glaubensgründen. Da aber solche Zeugnisse aus England teuer sind und Burcher überzeugt ist, dass der Zürcher Rat auch Zeugnisse von Männern [auf dem Kontinent] anerkennen würde, hat er Hilles gebeten, die Zeugnisse zweier frommer Engländer für ihn einzuholen. Es handelt sich dabei um den frommen und gelehrten William Swerder 1 und den allseits geschätzten Miles Coverdale, den er Bullinger einst empfahl und der schon selbst Briefe an diesen schrieb [HBBW XII, Nr. 1645]. Coverdale ist der Leiter des Gymnasiums in [Bad] Bergzabern nahe Weißenburg [Wissembourg], wo er viele gelehrte Werke, darunter auch solche Bullingers, ins [Englische] übersetzt und auf diese Weise religiöse Schriften der Allgemeinheit zugänglich macht. Er ist einer derer, die lieber Moses nachahmen und ins Exil gehen, anstatt sich in Ägypten eines gottlosen Lebens zu erfreuen. Ein anderer Engländer [...] hat ebenfalls bestätigt, dass [Swerder] und [Coverdale] bezeugen könnnen, dass [Burcher] aus Glaubensgründen von England in die Schweiz kam. Hilles hat den nun in Straßburg tätigen Swerder befragt, der gerne, wie für Bullinger hier ersichtlich, mit seiner Unterschrift bestätigt, dass Burcher einen guten Ruf hat und aufgrund [seines Glaubens] verfolgt wurde. Burcher hatte Hilles außerdem gebeten, auf seiner Reise nach Frankfurt ein Zeugnis von Coverdale (der laut dem Überbringer dieses Briefes [...] Burcher am besten kennt) in Bergzabern zu besorgen. Dies hat er jedoch unterlassen, denn auch wenn die Ortschaft unweit der Straße von Straßburg nach Frankfurt liegt, wird der Weg dorthin im Gegensatz zu dem durch die Markgrafschaft Baden [von Räubern] unsicher [gemacht]. Daher hofft er, dass Bullinger das beiliegende Zeugnis [von Swerder] dem Bürgermeister [Johannes Haab] und Rat [von Zürich] so empfehlen wird, dass diese es als genügend anerkennen. Hilles selbst kannte [Burcher] vor seiner Abreise aus England nicht, da dessen Geburtsort [...]sieben bis acht deutsche Meilen [ca. 50 bis 70 Kilometer] von dem Hilles' [Milton in Kent oder London]entfernt liegt. Unter den [Protestanten] war aber bekannt, dass Burcher England nur aus Glaubensgründen verlassen und sich immer fromm und bescheiden verhalten hatte. Seit Hilles Burcher kennt, hat er nichts Negatives über ihn vernommen, sei es in England oder [auf dem Kontinent]. Hilles hat zudem einen langen Brief [Burchers] an [Thomas] Cromwell, den damals einflussreichsten Mann und [Lord Great Chamberlain] von König [Heinrich VIII.], gesehen, in dem er den Grund seines Exils und die ungerechte Behandlung durch die blutrünstigen Bischöfe und kirchlichen Orden erklärt. Aus diesem Schreiben geht für alle deutlich hervor, dass er nur aufgrund des Evangeliums verfolgt wurde und nicht aufgrund einer Schandtat oder einer falschen Lehre. Nachdem Burcher so ungerecht behandelt wurde (die Bischöfe hätten fast die Todesstrafe über ihn verhängt), hoffte er, dass Cromwell durch seine Stellung beim König erreichen könnte, dass er ohne Leugnung der Wahrheit und ohne

1 Zur Biographie William Swerders s. Jason Powell, Scholars, Servants, Spies: William Weldon and William Swerder in England and Abroad, in: Diplomacy and Early Modern Culture, hg. v. Robyn Adams und
Rosanna Cox, Basingstoke/New York 2010, S. 30-45, der den vorliegenden Brief fälschlicherweise als Gesuch Hilles' um das Zürcher Bürgerrecht interpretiert (aao, S. 33).

Gefahr nach England zurückkehren könnte. Burcher hätte wohl nie einen solchen Brief mit Darstellung des Hintergrunds seines Exils an eine so angesehene und einflussreiche Person wie Cromwell geschrieben, wenn seine Verfolgung nicht der Grund für seine Flucht [nach Zürich]gewesen wäre. Hilles bittet Bullinger daher um Unterstützung Burchers bei seiner Bewerbung um das [Zürcher Bürgerrecht] und im Allgemeinen. Gott wird es Bullinger vergelten, und Hilles selbst bietet diesem und dessen Bekannten im Bedarfsfall seine Hilfe an. Er weiß nichts Neues aus [England], außer dem, was der Briefüberbringer [...] mitteilen wird. Seine Frau, [Anna]Hilles, lässt ihn und seine Frau [Anna, geb. Adlischwyler]grüßen und dankt für das im letzten [nicht erhaltenen]Brief an ihn eingeschlossene Gebet für ihren Sohn Barnabas und die Schweizer Schuhe für [ihren Sohn] Gerson. Gruße an Theodor Bibliander, [Konrad] Pellikan, Kaspar Megander, Erasmus Schmid und [Rudolf] Gwalther.

[Gedruckt: Epistolae Tigurinae III 162165, Nr. 114; englische Übersetzung: Original Letters I 246-250, Nr. 114; Regest: LP XX/1 250f, Nr. 528.]

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