[193]

Konrad Geßner und
Johannes Fries an
Bullinger
Basel,
25. Februar [1533]

Abschrift a : Zürich ZB, Ms S 33, Nr. 47. -Übersetzung: Hanhart 24

Bei Myconius in Basel warten sie besseres Reisewetter ab. Sie bitten Bullinger, ihnen ein Empfehlungsschreiben des Zürcher Rates zu verschaffen, um in größerer Sicherheit reisen zu können.

Optimo et integerrimo viro M. Henrico Bullingero, mecaenati charissimo.

S. Impediunt nos ab itinere 3 nives, pluvia et ventorum vis. Basileae apud Myconium 4 sine sumtu moramur sudum coelum et tempestatem mitiorem expectantes. Nivibus obrutae sunt viae omnes, montes praesertim, per quos nulla itinera nunc patent. Maxime tamen omnium nos detinet, quod Gallos et alios quosdam itineris comites 5 facturos brevi hic invenimus. Tuam humanitatem rogamus literas nobis a senatu poscat Tigurinos nos esse et a Tigurino senatu propter studia ablegatos. Ita enim docti plerique consuluerunt, quo nobis tutioribus esse liceat. Ne nos negligas etiam atque etiam oramus b poscimusque. Si dederis operam, facile impetrabis. Literis nos acceptis 6 quamprimum cum comitibus maturabimus iter.

Vale et nos tibi commendatos habe.

Basileae in aedibus Myconii, februarii 25.

Ioannes Frisius et C. Gesnerus tui toti.

a Das Autograph ist nicht auffindbar. Zum Schicksal anderer, ebenfalls verschwundener Geßner-Briefe s. HBBW II 173, Anm. a.
b roga durchgestrichen und ora darübergeschrieben.
1 Johannes Fries, 1505-1565, aus Greifensee, Bruder von Pellikans Frau Anna, war 1527 einer der ersten Stipendiaten am Zürcher Carolinum, nahm im Januar 1528 an der Berner Disputation teil und wurde 1531 Pfarrer in Witikon. Zusammen mit Geßner studierte er 1533 zunächst in Bourges, dann in Paris, wo er 1535 den Magistergrad erwarb. 1536 war er Griechisch- und Lateinlehrer in Basel und setzte seine Studien an der Universität fort. Im Jahr darauf wurde er erster Lehrer an der Fraumünsterschule in Zürich. 1547 wechselte er als Ludimoderator ans Carolinum und erhielt 1557 eine Chorherrenpfründe am Großmünsterstift. Berühmt wurde Fries durch seine immer wieder aufgelegten lateinisch-deutschen Wörterbücher. Er war auch als Musiker aktiv, schrieb zwei musikalische Lehrschriften und vertonte Oden von Horaz. Mit Bullinger war er befreundet und stand, vor allem während seiner Studienzeit, mit ihm in brieflichem Kontakt. Fries übersetzte Teile aus Bullingers Kommentaren zu Johannes- und Matthäus-Evangelium ins Deutsche (HBBibl I 147. 156). Bullinger widmete
seinen 1559 erschienenen Katechismus u. a. Fries (HBBibI I 377).- Lit.: Blarer BW III, Reg.; Vadian BW V und VI, Reg.; 56. Njbl. der Gesellschaft auf der ehemaligen Chorherrenstube, Zürich 1834; Pestalozzi, Reg.; E[duard] Bernoulli, Johannes Fries der Altere, Petrus Dasypodius und Aegidius Tschudi, drei musikfreundliche Humanisten, in: Zwa IV 211-218; Ernst Walder, Reise von Zürchern nach Venedig vor vier Jahrhunderten, in: ZTB 1927, NF, Jg. 47, S. 159-184; Hannes Reimann, Die Einführung des Kirchengesangs in der Zürcher Kirche nach der Reformation, Zürich 1959, S. 24, Anm. 58; Carl Bertheau, in: ADB VIII 105-107; HBLS III 338; Pfarrerbuch 284; Basel, Matrikel II 12.
2 Das Jahr ergibt sich aus dem Inhalt des Briefes.
3 Geßner und Fries befanden sich auf dem Weg nach Bourges.
4 Fries und Geßner waren in einem Brief Pellikans vom 19. Februar 1533 an Myconius empfohlen worden (Zürich StA, E II 358, 98).
5 Unbekannt.
6 Nach Aussage von Konrad Klauser haben Geßner und Fries die gewünschten Empfehlungsschreiben offenbar erhalten (s. unten S. 77, 5). Auffindbar sind sie jedoch nicht mehr.

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