Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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Kapitel 

[1973]

Bullinger an
Joachim Vadian
Zürich,
5. September 1544

Autograph a : St. Gallen Kantonsbibliothek (Vadiana), Ms 41a (Bremer Briefe), 93 (Siegelspur)

Hat zwei Briefe 1 von ihm erhalten und dankt ihm und [Johannes] Kessler für die zugesagte Durchsicht von [Johannes]Stumpfs [Schrift über den]Thurgau. Auch ihm wäre lieber, wenn das "Speculum Osiandri" nicht erschienen wäre, doch da Osiander nicht aufhört, Tote zu schmähen, erkennt Bullinger im Angriff auf ihn Gottes gerechtes Gericht, auch wenn Christen eigentlich das Böse durch Gutes überwinden sollten. Die Streifzüge der Türken sind verdiente Strafe für die Sünden, während die [christlichen] Fürsten sich gegenseitig bekriegen. Im zweiten Brief schreibt Vadian, es wäre besser für Osianders Ansehen, wenn er seine "Coniecturae" nicht veröffentlicht hätte; entgegen der christlichen Lehre wird darin für 1688 das Ende der Welt vorhergesagt, obwohl nach den Worten von Christus und Paulus Tag und Stunde nicht bekannt sind. Der Stil des Buches entspricht dem von Osianders "Harmonia [evangelica", Basel 1537], während sein Brief an Zwingli [Z IX 232-276, Nr. 659; Osiander GA II 537-578, Nr. 90] eher [Willibald] Pirckheimers Buch gegen Oekolampad [VD 16 P 2915, 2916 oder 2917]gleicht; der Autor hat sich wohl mit fremden Federn geschmückt. Bullinger übersendet einen Brief aus dem der Aufenthaltsort von [Johannes] Cochläus hervorgeht [Nr. 1946]; Cochläus soll es bei der Fronleichnamsprozession [12. Juni 1544]wie einst Ussa [2Sam 6, 6-8] ergangen sein, da er unter der Last der Hostie zu ersterben schien, wie [Martin] Frecht berichtet [oben Nr. 1970, 11f] - Vadian soll Frecht wissen lassen, dass ihm Bullinger den Freundschaftsdienst erwiesen hat -; die Geschichte von Albert Hardenberg [s. Nr. 1972] wird Vadian Freude machen; er soll die Briefe umgehend zurücksenden. Bullinger kann ihm auch eine Kopie seines Schreibens an [Johannes Reekamp, Abt zu] Aduard [Nr. 1934]schicken; von seinem Brief an Johannes a Lasco [Nr. 1933] und einem weiteren Brief [an denselben], den er durch [Christoph] Froschauer nach Friesland sandte, besitzt er keine Abschriften. Gruß an Kessler.

[Gedruckt: Vadian BW VI 337f, Nr. 1358.]

a Im frühen 17. Jahrhundert von Melchior Goldast entwendet, 1948 von der Staats- und Universitätsbibliothek Bremen zurückgegeben (früherer Standort in Bremen: Ms. a. 8., 93).
1 Nicht überliefert.