Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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Einleitung

Der vorliegende dritte Band von Heinrich Bullingers Briefwechsel enthält die Briefe des Jahres 1533, einer für die schweizerische Reformation besonders spannungsgeladenen Zeit.

Die nach dem Zweiten Kappelerkrieg fortdauernden innereidgenössischen Gegensätze prägen die Ereignisse auch dieses Jahres noch in verstärktem Maße. Der labile Friede zwischen den beiden konfessionellen Parteien nach 1531 wird in diesem Zeitraum zweimal von Krisen erschüttert: Im Frühjahr 1533 erreicht der Streit um das zürcherische Religionsmandat vom 29. Mai 1532 seinen Höhepunkt und wird schließlich um den Preis neuer Demütigungen für Zürich durch ein eidgenössisches Schiedsgericht beigelegt; im Spätherbst droht nach dem fehlgeschlagenen Aufstand der Reformierten in Solothurn erneut der Krieg, bis dann die Spannung gegen Jahresende nachläßt und die Rekatholisierung Solothurns von den reformierten Orten doch hingenommen wird. Die Lage der Reformierten in den Gemeinen Herrschaften ist nach wie vor unsicher und gefährdet, mehrere ihrer Pfarrer werden vertrieben. Die seit dem verlorenen Krieg stark abgekühlten Beziehungen zwischen Bern und Zürich bleiben weiterhin getrübt und lassen sich trotz ernsthafter Vermittlungsbemühungen der Basler bis zum Jahresende noch nicht verbessern. Auch die Unterschiede im kirchlichen Brauchtum der einzelnen reformierten Orte bleiben bestehen. Die hier geschilderte innenpolitische Lage der Eidgenossenschaft widerspiegelt sich vor allem im Briefwechsel mit Berchtold Haller in Bern, Joachim Vadian in St. Gallen und -bei stark zunehmender Korrespondenz - mit Oswald Myconius in Basel.

Die politische Situation in Europa ist durch die vom Kaiser mißtrauisch beobachtete Annäherung des Papstes an Frankreich, die Nachwirkungen der Wahl Ferdinands zum römischen König, die Krise des Schwäbischen Bundes und die sich zuspitzende Lage in Württemberg gekennzeichnet. Sie kommt, außer in Bullingers Korrespondenz mit seinen oben genannten Freunden, vor allem in den immer zahlreicher werdenden Briefen der süddeutschen Protestanten aus Konstanz, Kempten, Ulm, Augsburg und Straßburg zum Ausdruck.

Oft wiederkehrende Themen des Briefwechsels sind zudem die theologisch-kirchenpolitische Lage in den reformierten Städten der Eidgenossenschaft und in Europa, die Auseinandersetzungen mit den Täufern und mit Schwenckfeld, die Konzilsfrage, das gespannte Verhältnis der schweizerischen und der oberdeutschen Reformierten zu Luther und seinen Anhängern, die Bemühungen des unermüdlichen Vermittlers Martin Bucer, dessen Schweizerreise im Mai sowie die gegen «ketzerische» Strömungen einberufene Straßburger Synode vom Juni 1533.

Der innere Aufbau und die Festigung der zürcherischen Kirche unter Bullingers Leitung sowie dessen Entwicklung zum führenden Kirchenmann der schweizerischen Reformation -wie sie etwa in seiner Reise an der Spitze einer Zürcher Delegation nach Konstanz im Oktober 1533 zum Ausdruck kommt - und zum vielgelesenen theologischen bzw. praktisch-kirchlichen Schriftsteller werden in den Briefen dieses Bandes bereits klar sichtbar. Der Briefwechsel entfaltet sich im Jahr 1533 gegenüber dem Vorjahr nicht nur zahlenmäßig (von 113 auf 145 Stücke), sondern auch

hinsichtlich des Personenkreises und der geographischen Ausdehnung: 31 neue Korrespondenten (darunter die ersten Stipendiaten der Zürcher Kirche) aus Biel, Gerzensee (Kt. Bern), Zurzach (Kt. Aargau), Maienfeld (Kt. Graubünden), Bourges, Kempten (Allgäu), Frankfurt a. M., Zittau (Oberlausitz) und anderen Orten kommen hinzu. Dies zeigt sich auch am Quellenbefund: Die Fundorte sind noch weiter zerstreut, wobei der Schwerpunkt allerdings nach wie vor bei den bekannten zürcherischen Sammlungen liegt.

Die Bearbeiter möchten allen, die die Herausgabe des Bandes gefördert haben, an dieser Stelle herzlich danken. Dem Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung für die großzügige Unterstützung der Edition; dem Theologischen Seminar und dem Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte der Universität Zürich, in dessen Rahmen das Manuskript des Bandes zum Teil erstellt wurde; dem Personal von Staatsarchiv und Zentralbibliothek Zürich; Herrn Jean Rott, Straßburg, der die Korrespondenz zwischen Bullinger und den Straßburgern durchsah und Sacherklärungen beisteuerte; Herrn Dr. Hans Wanner, der die deutschen Texte überprüfte und Worterklärungen lieferte; Herrn lic. phil. Bernhard Bonsack für seine eingehende philologische Mitarbeit an den lateinischen Texten; unserem Arbeitskollegen, Herrn lic. phil. Kurt Jakob Rüetschi für seine Mitarbeit bei der mühsamen Aufgabe von Revision und Korrektur und dem vom Zwingliverein mit der Vertretung der Briefwechsel-Edition gegenüber dem Schweizerischen Nationalfonds beauftragten Herrn Prof. Dr. Rudolf Schnyder.

Matthias Senn Endre Zsindely