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[1522]

Oswald Myconius an
Bullinger
Basel,
27. Mai 1541

Autograph: Zürich StA, E II 350, 471 (Siegelspur) Ungedruckt

Wie Grynäus vielleicht schon geschrieben hat, wird [im Regensburger Religionsgespräch] hart um die Transsubstantiation, die Anrufung der Heiligen, die Fürbitte für die Toten und die Messe gerungen, während die Gegner bei der Rechtfertigungslehre unerwartet große Zugeständnisse gemacht haben. Herzog [Wilhelm] von Kleve ist mit 300 Pferden nach Frankreich gezogen, um seine Braut [Jeanne d' Albret]heimzuführen; sein berittenes Heer hat in Deutschland nicht seinesgleichen, und seine Heirat wird Kaiser [Karl V.] schmerzen. Grüße.

a Mit Dorsualvermerk von der Hand Johann Jakob Breitingers.
1 Die vier Syndics des Jahres 1541 waren
Jean-Ami Curtet, Ami Bandière, Dominique d' Arlod, und Pernet des Fosses; vgl. Corr. des réformateurs VII 17.

S. Si Grynaeus non scripsit, 1 sic postremo accepimus: 2 Res, quia in paucorum manibus est, ob magnitudinem eos propemodum enecat. Transsubstantiatio, intercessio sanctorum, suffragia mortuorum et missa maxime obsistunt. Concesserunt adversarii in materia iustificationis, quod putarant omnes impugnaturos eos acerrime. Nullus e scholasticis unquam eousque pervenit. Petunt, ut fratres precibus dominum implorent, ut mittat auxilium.

Reliquum est: Dux Clivensis transiit in Galliam ad evocandam sponsam suam 3 trecentis equis 4 . Non est in Germania par equitatus, qualem ille habet. Dolebit connubium caesari, cum ipse tamen in causa sit, quamobrem dux Gallam duxerit. 5 Non possum plura scribere propter negocia.

Vale cum tuis. Theodorum 6 et Pellicanum salvos opto.

Basileae, 27. mali anno 1541.

Tuus Myconius.

[Adresse auf der Rückseite:] Domino Heinricho Bullingero suo.

1 Ein entsprechendes Schreiben von Grynäus liegt nicht vor.
2 Myconius bezieht sich auf einen Brief Capitos an Grynäus vom 18. Mai, von dem nur ein Exzerpt von Myconius' Hand erhalten ist (Zürich ZB, Ms A 40, Nr. XII, S. 26; vgl. Capito, Corr. 269, Nr. 755). An gleicher Stelle finden sich weitere Auszüge aus Briefen vom April/Mai 1541, die offenbar von Straßburg nach Basel gesandt und teils von Myconius, teils von Christoph Rotacher kopiert wurden (aaO, S. 25-27). Zu den Einzelheiten der Verhandlungen vgl. die Berichte von Gwalther und Pistorius vom 30. Mai (unten Nr. 1523f).
3 Herzog Wilhelm von Jülich, Berg und
Kleve heiratete am 14. Juni 1541 in Châtellerault Jeanne d'Albret, die dreizehnjährige Tochter des Königs von Navarra; s. Woldemar Harless, Zur Geschichte Herzog Wilhelm III. von Cleve-Jülich-Berg. Die Navarresische Heirat und des Herzogs Reise nach Frankreich, in: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 1, 1863, S. 1-38.
4 In einem Bericht aus der herzoglichen Kanzlei ist von ungefähr 70 Pferden die Rede (s. ebd., S. 17).
5 Die Auseinandersetzung mit Kaiser Karl V. um Geldern veranlasste den Herzog, seine Position durch eine französische Verbindung zu festigen.
6 Theodor Bibliander.