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[1042]

[Rudolf Weingartner] an
Bullinger
Zug,
10. September 1537

Autograph: Zürich StA, E II 335, 2015 (ohne Siegel)2 Gedruckt: Willy Brändly, Bartholomäus Stocker von Zug, in: Zwa IX/3, 1950, S. 175

Hat lange nicht geschrieben, weil er stets hoffte, Hans Schmid als sicheren Boten benutzen zu können. Schickt seine Supplikation sowie die Kopie mit der Bitte, seine Sache zu fördern. Wie bereits mit Bullinger und auch mit Pellikan besprochen, wollte er sich [für die Predigt] einen Evangelisten vornehmen und hat sich nun für Lukas entschieden; wird [die Predigten] - wenn Bullinger der Wahl zustimmt -in der Advents- oder Fastenzeit halten. Schickt die gewünschten Predigten, die er am Kirchweihfest in Schwyz gehalten hat, und bittet, Mängel zu berichtigen und ihn zu belehren. Grüße.

S. P. D. Lieber, günstiger herr und bruder.

Das ich min schriben an üch so lang verzogen hab, ist kein andere ursach, dän daß ich alwegen 3 verhoffett hab, Hans Schmid 4 wurde hinüber komen,

a nach Officii gestrichenes gratia.
1 Der Handschriftenvergleich ergibt, daß der Schreiber mit dem für die Briefe vom Dezember 1532 (HBBW II, Nr. 156) und von 1534 (HBBW IV, Nr. 401) identifizierten Rudolf Weingartner identisch ist.
2 Vgl. aber unten Anm. c-e.
3 immer.
4 Von zwei Zürcher Kirchenmännern dieses Namens ist wohl nicht der in Dällikon tätige Pfarrer (s. HBBW IV, S. 148,
Anm. 4), sondern der Helfer am Großmünster gemeint. - Hans Schmid, von Zürich, gest. 1549, vorerst Helfer am Fraumünster, erhielt 1522 eine Chorherrenpfrund am Großmünster. Als Diakon hatte er vor allem seelsorgerliche Aufgaben, betreute aber auch die Stiftsfilialen Schwamendingen (1526-1532) und Albisrieden (ab 1527). Im Jahre 1542 trat er zurück und zog aus der "Leutpriesterei" in sein 1535 erworbenes, aus ehemaligem Stiftsbesitz stammendes Haus

das ich mine brief durch ein gwüssen 5 botten üch überantwurten möcht; das aber nüt beschechen etc.

Uff sömlichs so schiken ich üch min sublicacion an mine herren mit sampt der copy 6 , wie ir zuletst mit mir abgerett hand. Bitten also üch zum allerhösten, ir wellend zum besten in der sach handlen, als ich üch vast 7 wol vertrüwen. Sömlichs um üch zu verdienen 8 sond 9 ir mich gantz willig finden.

Witer, lieber herr und bruder, so ist üch wol ze wüssen, wie daß ich mit üch gerett hab, wie das ich in willen sye, ein evangelisten für mich ze nemmen 10 . Ich hab es mitt Pellicano ouch gerett. So ichs nun gegen einanderen deren besich 11 , ist mir keiner anmütiger 12 dann der Lucas, aber uff üwer verbesserung, und bin also deß willens und fürnemens 13 , dem selbigen (mitt gottes hilf und gnad) statt zu thun. Beschicht es nüt uff den nechsten advent, so sol a es doch uff die zukünftigen vasten 14 beschechen. Bitten üch hierin um rath und hilf, darmit die ding dester fugklicher 15 möchtind volfürt und erstattet 16 werden; dann ich entlich 17 deß fürnemens bin und gott lassen walten. Will üch aber ein anders besser bedunken, land michs wüssen, so wil ich von minem fürnemen abstan und üwer gutdunken annemmen.

Witer so schiken ich üch hiemitt die sermon 18 , so ich als ein unkünnender zu Schwitz uff der kilchwihung 19 gethan hab, wie ir begeret hand. Bitten üch, ir wellends im besten uffnemen und nüt alein b den buchstaben ansechen, sünder das hertz und den guten willen. Und ob 20 etwas ungeschiks 21 darin were, das nüt ad formam diente, ist min bitt, ir wellints corigieren, uff daß ich harnachmals dester baß lernete, ein bessere form zu stellen. Dann alle ding uff das aller einfaltist minentthalb besehen ist 22 . Ich han es aber in minem hertzen vast gut gemeint. Also verstands ouch.

a in der Vorlage sols.
b nüt alein am Rande nachgetragen.
"Zum großen Paradies". - Lit.: Willy Wuhrmann, Zwei Namensvettern als Zwinglis Helfer am Grossmünster, in: Zwa III/5, 1915, S. 148-153, bes. S. 151f; Meyer, Zürich und Rom, Nr. 694; Wyss 27, Anm. 1; Pfarrerbuch 507.
5 sicheren.
6 Die Dokumente sind nicht erhalten.
7 sehr.
8 euch zu vergelten.
9 sollt.
10 mir [für die Predigt] vorzunehmen.
11 ich sie miteinander vergleiche.
12 keiner, der mir mehr zusagen würde.
13 habe die Absicht.
14 ab 6. März 1538.
15 richtiger, besser.
16 durchgeführt.
17 gänzlich.
18 Nicht erhalten.
19 Das Kirchweihfest in Schwyz fand jeweils am Sonntag nach dem Ulrichstag, im Jahre 1537 also am 8. Juli, statt (vgl. Norbert Flueler, Die Feier der Kirchenfeste im 16. Jahrhundert in der Pfarrkirche zu St. Martin in Schwyz, in: Mitteilungen des Historischen Vereins des Kantons Schwyz 30, 1921, S. 28).
20 wenn.
21 Unpassendes, Falsches.
22 Ich habe es so gut gemacht, wie ich konnte.

Sind alwegen min vatter, und was üch gegen mir anmütig ist 23 , zeigends mir gschriftlich an, so wil ich mich alzit üwer halten. Hiemit sind gott befolen. Grützend mir mine günstigen herren und gebrüder, Pellicanum, Leonem 24 und insunders Meister W[erner] S[teiner].

Datum Zug, 10. septembris 1537.

[Adresse auf der Rückseite:] An den wol[gelerten]c M[eister] Illeinrich B[ullinger], dien[er der]d kilchen Zürich, [sinen günstigen]e und geliebten.