Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

[1000]

Jakob Meyer an
Bullinger
Basel,
24. Mai 1537

Autograph a : Zürich StA, E II 336, 31 (neu: 42)(Siegelspur) Ungedruckt

Empfiehlt den Überbringer des Briefes, den Augsburger Bürgermeister Wolfgang Rehlinger, der mit zwei Begleitern auf dem Weg ins Bad Pfäfers ist und Bullingers Bekanntschaft machen möchte; vielleicht sollten sie dem Abt [Johann Jakob Russinger] empfohlen werden. Auch wenn durch die Verschiebung des Konzils [zu Mantua] um ein Jahr die Gefahr für den Augenblick gebannt ist, sind doch weiterhin Kräfte zur Vernichtung der evangelischen Lehre am Werk; hat auch an Lavater geschrieben, der mit Bullinger darüber reden wird. Grüße.

Die gnad gottes, merung des gloubens und min fruntlichen gruß zuvor, wolgelerter, ersamer, lieber herr und bruder.

Herr Wolfgang Relinger 1 , burgermeister zu Augsburg, bringer diß brieffs, ein frommer, gelerter herr und guter christ, der sich am ewangelio trüwlich haltet, der begert in eüwer kuntschaft (als mit einem frommen, gelerten mann) ze kommen 2 . Versähe mich 3 , ir werden von im hören (wo es mit hertzen und grund 4 bedocht wirdet) nüt schadlichs, aber zu erhalten gemeinen, christenlichen friden, zu uffbüwung und haußhaltung der kilchen b Christi vast 5 dienstlich 6 . Den wöllen euch lassen bevolhen sein. Zu

a Mit Anstreichungen von späterer Hand.
b vor kilchen gestrichenes k[...].
1 Wolfgang Rehlinger, geb. vor 1502, gest. 1557, von Augsburg, wurde 1533 in den Kleinen Rat und bereits 1534, und wiederum 1536, 1539 sowie 1541, zum Bürgermeister gewählt. Der Protestant (Lutheraner) Rehlinger, der sich bei der Einführung der Reformation und beim Eintritt Augsburgs in den Schmalkaldischen Bund verdient gemacht hatte, bestimmte von 1539 an zunehmend die Ratspolitik, scheiterte aber schließlich wegen seiner vermittelnden Haltung gegenüber dem Kaiser. 1544 verließ er Augsburg und ließ sich als Kaufmann in Straßburg, der Heimatstadt seiner Mutter, nieder. Von Bullingers Vorhaben, Rehlinger ein Werk zu widmen, riet Ambrosius Blarer im Januar 1544 ab, da er an dessen evangelischer Gesinnung zweifelte und da mit dessen Wegzug zu rechnen sei (s. Blarer
BW II 230). - Lit.: Franz Josef Schöningh, Die Rehlinger von Augsburg. Ein Beitrag zur deutschen Wirtschaftsgeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts, Paderborn 1927, S. 17f; Augsburger Eliten des 16. Jahrhunderts. Prosopographie wirtschaftlicher und politischer Führungsgruppen 1500-1620, hg. v. Wolfgang Reinhard, Berlin 1996, S. 672 (Lfdnr. 1028); Peter Steuer, Die Außenverflechtung der Augsburger Oligarchie von 1500-1620. Studien zu sozialen Verflechtung der politischen Führungsschicht der Reichsstadt Augsburg, Augsburg 1988. - Materialien zur Geschichte des Bayerischen Schwaben 10, S. 230.
2 eure Bekanntschaft zu machen.
3 ich nehme an.
4 wohlwollend und gründlich.
5 sehr.
6 Zum Anliegen der Augsburger Politiker vgl. oben Nr. 997, Anm. 2.

dem hat er einen doctor 7 , welcher von wegen siner herrn von Ougsburg zu Schmalckalden gsin ist 8 und sonst noch einen 9 . Sollen alle , dry einander verwant sein 10 . Ir mögen mit inen vertrüwlich reden. Sy wöllen gon Pfäfers 11 ins bad. Ob es von nöten were, sy dem apt 12 ze bevelhen oder inen sonst andere hilffliche furdernuß ze thund, inen dorum beholffen ze sin und für empfolen ze haben.

Das concilium ist ein jar uffgeschlagen 13 , aber warlich uß keiner andren ursach, dann unß ze schaden; dann uff diß mol hatt inen der herr das schwert uß der hand genommen 14 , das sy es wider unß nit gepruchen mögen, versähen sich 15 aber, in einem jar dasselbig wider ze überkommen 16 . Lieber herr, die sachen sind wichtig; wir werden unangefochten nit bliben. Alle rotschleg und pratick 17 seind zu ußtilgung des ewangeli gerichtet; würt man zu gelegner zit (ouch von denen, die unsere besten freund sein solten) wol innen werden. Doch so würt gott sin eer und wort (ouch in unserem verderben) wol erhalten. Es were unß warlich in diser sach mer ernsts und gepäts zum herren notwendig, dann wir biß här gehept haben. Ich hab c herrn Laventer 18 ouch geschriben 19 . Er würt mit eüch von disen dingen red halten. Bevilh eüch hiemit dem herren von hertzen.

Grussen mir Meister Leo 20 , Pellican, die brueder gemeinlich und alle die, so den herren von hertzen lieben.

Uß Basel, den 24. meyens anno etc. 37.

U[wer] Jacob Meyger.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem wirdigen und in götlicher schrifft wolgelerten Meister Heinrich Bullinger, diener des worts und bischoff der kilchen zu Zürich, minem lieben herrn und bruder.

c hab über der Zeile nachgetragen.
7 Dr. Konrad Heel.
8 Stadtadvokat Heel hatte am Bundestag, der am 10. Februar in Schmalkalden eröffnet worden war, zusammen mit den Räten Marx Miller, Joachim Langenmantel und mit Pfarrer Bonifacius Wolfhart Augsburg vertreten (vgl. Roth II 374-377).
9 Unbekannt.
10 Über die Verwandtschaft Heels mit Rehlinger ist nichts bekannt.
11 Pfäfers (Kt. St. Gallen).
12 Johann Jakob Russinger war 1517-1549 Abt des beim Bad gelegenen Klosters (vgl. Helvetia Sacra III/1 1018-1020).
13 aufgeschoben. -Vgl. oben Nr. 997, Anm. 4.
14 Vgl. Ex 5, 21 und Ez 30, 24f.
15 erwarten.
16 zu bekommen.
17 alle Pläne und geheimen Umtriebe.
18 Hans Rudolf Lavater.
19 Nicht erhalten.

20 Leo Jud.