Der Kreml beschuldigt westdeutsche Bundesregierung

Ag. (Reute,) Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur «Tass» veröffentlichte das sowjetische Aussenministerium am Mittwoch den Text des Memorandums, welches der sowjetische Botschafter in Bonn am Dienstag dem westdeutschen Bundeskanzler Dr. Adenauer überreicht hatte. Darin wird, laut «Tass», ausgeführt,

die Gelegenheiten zur Verbesserung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern würden nicht genügend ausgenützt.

Gespräche über den Abschluss eines Abkommens für kulturelle, wissenschaftliche und technische Austausche seien seit langem aufgeschoben und die Entwicklung der Kontakte zwischen Staatsmännern und Politikern der beiden Länder sei unterdrückt worden. Die westdeutschen Behörden hätten sich den sowjetischen Vorschlägen über die Ausführung früher beschlossener Massnahmen widersetzt. Ferner wird in dem Memorandum ausgeführt,

die westdeutsche Bundesregierung bekunde die Absicht, «nicht nur die Entwicklung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu vermag samen, sondern sie auf einen früheren Stand zurückzuführen».

Nach Erwähnung deutscher antisowjetischer Propaganda-Instanzen wird auf eine Erklärung des Oberkommandierenden der westdeutschen Streitkräfte, General Heusinger, verwiesen, in der dieser ausgeführt habe, die westdeutsche Armee müsse ausgebildet werden, um die Aufgabe der Nazi-Armee während des letzten Krieges zu erfüllen. Die Bundesregierung habe diese offensichtlich provokatorische Erklärung nie verurteilt.

Sowjetfeindliche Aeusserungen würden ferner besonders häufig in Zeitungen erscheinen, die der westdeutschen Regierung nahestünden. Die Sowjetunion habe überdies erfahren, dass die westdeutsche Regierung eine spezielle Propaganda plane, die gegen die Sowjetunion und die anderen Oststaaten gerichtet werde.

Schliesslich wird in dem Memorandum der Hoffnung Ausdruck gegeben, die westdeutsche Regierung werde die Beziehungen zwischen den beiden Ländern verbessern und dadurch zu einem stabilen Frieden beitragen.