Name: Bahnmaier: Vorname: Jonathan Friedrich B.,
Er verdient im deutschen Volke ein bleibendes Andenken einerseits als einer der Männer, die in der Zeit des Pestalozzismus mit unermüdetem Eifer die Hebung der Volksbildung sich angelegen sein ließen, ohne darum ihrer kirchlich-frommen Gesinnung irgendwie untreu zu werden, vielmehr gerade im innigsten Zusammenhange mit dieser; andererseits aber war er, dessen kräftigste Mannesjahre in die Napoleonischen Zeiten fielen, ein kerndeutscher Mann, der nicht nur bis an sein Ende den deutschen Rock trug und alte deutsche Sitte festhielt, sondern der ein Martyrium dafür zu erdulden hatte. Seine Erziehung war unter den Händen der Eltern (der Vater war Prediger) eine entschieden fromme im Sinne des älteren schwäbischen Pietismus; die dadurch genährte Richtung seines Gemüths fand auch in den Seminarien, die er durchlief, wie später in seiner Thätigkeit als Vicar und Repetent, ferner auf gelehrten Reisen (auf welchen er Verbindungen mit Männern wie Lavater und Heß in Zürich anknüpfte) stets reichliche Nahrung. Im J. 1806 erhielt er das Diakonat in Marbach (Schillers Geburtsort), 1810 in Ludwigsburg und schon auf diesen Stellen entwickelte er außer den eigentlichen Berufspflichten eine ungemeine Thätigkeit für die Schulen, für nützliche Anstalten, für Fortbildung der Schullehrer, für Schul- und Kinderseite, Wofür er auch seine poetische Begabung verwerthete. Bei sehr conservativer Gesinnung in religiösen Dingen war er in Sachen der Schule ein Neuerer, er haßte alles, was aussah wie Schlendrian; daß etwas davon auch in sein theologisches Bewußtsein überging, das war ihm ebenso verborgen, wie den damaligen Supranaturalisten
überhaupt, namentlich der Tübinger Schule. Unerwartet wurde er dieser eingefügt,
indem er 1815 als Professor der Theologie mit dem Lehrauftrag für
Homiletik und Pädagogik nach Tübingen berufen wurde. Er las auch immer
nur über diese Fächer, übernahm daneben die Inspection städtischer Schulen,
führte auch dort die Maienfeste für die Schuljugend ein, erwarb sich aber ein
großes Verdienst dadurch, daß er zuerst dem Bedürfniß praktischer Uebungen im
Predigen, Katechisiren und im Schulunterricht durch Veranstaltung freiwilliger
Uebungen der Theologie-Studirenden entgegen kam, und daraus ein festes Institut,
ein Seminar, bildete, das sofort der Staat als Universitätsinstitut anerkannte
und das heute noch als ein unentbehrliches Glied des akademischen Organismus
in Tübingen besteht. Er war es auch, auf dessen Betrieb eine eigene
Musikdirectorstelle an der Universität gegründet und als erster Inhaber derselben
Friedrich Silcher berufen wurde. Allein es war ihm dort keine lange Wirksamkeit
beschieden. Er bekleidete im J. 1819 die Rectorwürde. Nach der That
Sand's — welch' letzter 'r einige Zeit in Tübingen studirt hatte — wurde der
Senat aufgefordert, sich über die Stimmung der Studirenden zu äußern und B..
so sehr er die That verabscheute und sie den Studirenden ins rechte Licht stellte,
war doch nicht Diplomat genug, um nicht in dem von ihm verfaßten Antwortschreiben
auch einige Mißbilligung der antideutschen Politik der Cabinette durchblicken
zu lassen. Auch vorher schon hatte er der Königin Katharina
gegenüber, die ihn kennen zu lernen gewünscht, einige Aeußerungen ähnlicher
Art über den Minister Wangenheim gethan, die dieser, sein vorheriger Gönner
, sehr übel nahm — kurz er wurde plötzlich seiner akademischen Lehrstelle
enthoben und als Decan nach Kirchheim unter Teck versetzt. Dort schuf er
sich einen seinem thätigen, nach seinen eignen Geständnissen fast allzu unmüßigem
Geist entsprechenden umfassenden Wirkungskreis; er nahm zuletzt noch
sehr lebhaften Antheil an der Herstellung des neuen Gesangbuchs, wurde aber
auf einer Visitationsreise in dem Amtsort Owen vom Schlage getroffen und
starb dort. — Bahnmaier's Schriften sind theils Gedichte — "Gesänge für die
Jugend" 1811, "Gesänge für christliche Feier vaterländischer Feste" 1820 u. a. m.,
(vgl. Koch, Gesch. des Kirchenliedes (Z. Aufl.) Bd. VII. S. 81 f.), theils Predigten
— für wohlthätigen Zweck herausgegeben 1823, außerdem Gelegenheitsschriften,
akademische 'Programme, Ansprachen, Denkschriften u. dergl.; kurze Zeit
redigirte er ein Schulblatt.
|