Name: Happel: Vorname: Eberhard Werner (Guerner) H.,
| einer der fruchtbarsten
Romanschreiber in der zweiten Hälfte des 17. |
Jahrhunderts, wurde 12. August
1647 zu Kirchhayn in Hessen geboren, wo sein Vater damals Vicarius, später
aber Pfarrer in Holzhausen und Halbdorf gewesen war. Nachdem er zu Marburg
seit 1663 Mathematik und Medicin, später auch die Rechte studirt hatte,
beschäftigte er sich zuerst mit Privatinstructionen in seiner Heimath, dann seit
1668 in Magdeburg, Harburg und zuletzt in Hamburg, wo er drei Jahre lebte,
sich verheirathete und durch Nahrungssorgen gezwungen, anfing, sich durch
Schriftstellerei zu ernähren ("fami non famae scribens"). Im J. 1673 zog er
nach Kiel und hielt hier juristische und mathematische Lehrstunden, erhielt 1671
bis 79 eine Anstellung in Holstein, worauf er wieder nach Hamburg ging, Woselbst
er , fortwährend mit Romanschreiben beschäftigt, am 15. Mai 1690,
42 Jahre alt, starb. Die vorstehenden Nachrichten sind Happel's Roman
"Teutscher Karl" (Ulm 1689, 90) entnommen, in welchem er unter dem Namen
"Kirchberg" seinen eigenen Lebenslauf, Wie in seinem "Akademischer Roman"
(ulm 1690) speciell sein Universitätsleben beschrieb. — Happel's Thätigkeit als
Romanschriftsteller war eine äußerst fruchtbare, so daß er in einem Zeitraume
von etwa 17 Jahren 20 sogenannter politisch-galanter Romane fabricirte, fast
alle 4 —5 Bände stark, welche meistens in Hamburg oder Ulm erschienen und
unter denen wir nur "Der asiatische Onogambo" (Hamb. 1678), "Der insularische
Mandorell" (Frankf. 1682), "Der italienische Spinelli" (Ulm 1685) und
"Der spanische Quintana" (ebendas. 1686), erwähnen wollen. In diesen Romanen
, die eben so abenteuerlich-phantastisch als unnatürlich-geschmacklos sind
und deren Manier noch bis in die ersten Decennien des 18. Jahrhunderts Bohse
(Talander) und dessen Schüler Hunold (Menantes) beibehielten. werden seltsame
Begebenheiten mit Heldenthaten und belehrend sein sollenden Liebes- und Staats
phantastisch verflochten, die Scene aber, um der Erfindung einen lebhafteren
Reiz für die Einbildungskraft zu geben, in fremde Länder, nach Italien.
Spanien, Frankreich und nach Asien und Afrika verlegt. Dabei kam es bei H.
sowol als den Producten seiner gleichzeitigen Nachahmer vor allem darauf an,
die Tugenden und Laster ihrer Helden colossal erscheinen zu lassen und besonders
neben der gewöhnlichen Moral viel Politik niederzulegen. Den Stil vernachlässigte
man entweder ganz oder man suchte sich über die gewöhnliche Prosa
durch eine gravitätische und prunkende Sprache, die man für erhaben hielt, emporzuschwingen.
Dem ungeachtet aber oder gerade deshalb fanden Happel's
Romane, von denen auch nicht ein einziger vor der Kritik bestehen kann, zu
ihrer Zeit außerordentlichen Beifall, weil sie sich nebenbei vor anderen ihrer Art
icht nur durch Wechsel und Reichthum der Erfindung, sowie durch Fülle des
Stossen auszeichneten, sondern der Verfasser auch die Spiele seiner ausschweifenden
Phantasie durch den bedeutenden Vorrath ausgebreiteter Belesenheit zu unterstützen
und zu würzen verstand. Seine Darstellung dagegen ist eben so matt
und breit, als seine eingestreuten Reflexionen alltäglich und schaal sind und da
es ihm an wahrer geistiger Gediegenheit und poetischer Tiefe fehlte, da er ferner
eben durch seine Vielschreiberei seine Kräfte nicht zu concentriren verstand, so
erlosch bald nach seinem Tode sein Ruhm eben so schnell wieder, als derselbe
sich rasch während seines Lebens gebildet hatte. Ein anderweitiges wirkliches ,
Verdienst hat er sich jedoch durch die von ihm zum ersten Male versuchte lesbare
Uebersetzung des Valerius Maximus (Hamb. 1676 ; Degen II. 524) erworben,
das um so größer ist, als bis zu seiner Zeit nur jene des Heinrich von
Mügeln, die im J. 1869 in freier paraphrastischer Uebertragung (Freytag, Anal.
lit. 1021-22) verfaßt und 1489 zu Augsburg gedruckt wurde, vorhanden war.
Viel länger als seine Romane haben sich seine historischen Werke in der
Achtung der Historiker erhalten, z. B. seine "Straf und Unglücks-Chronica" ,
sein histor. Kern der Weltgeschichte und besonders seine "Relationes curiosae ,
ein in Wochenlieferungen erscheinendes die größten Denkwürdigkeiten dieser
Welt" beschreibendes fünfbändiges Werk , später von Anderen fortgesetzt, welches
noch immer ein gangbarer Antiquariatartikel ist. Uebrigens flüsterten seine
Hamburger Zeitgenossen sich in die Ohren, daß der allezeit schreib und schlagfertige
Happelius vom Senate vielfach zur Abfassung energischer Staatsschriften
gebraucht werde, welche dann als "unpartheiische" oder "abgenöthigte" Berichte
oder Gegenberichte zur Vertheidigung der Rechte der freien Reichsstadt gegen
nachbarliche Anfechtungen publicirt Wurden. Strieder, Hessische Gelehrten-Gesch. V. 273 ; XII. 354. Moller, Cimbria
II. 293 —95 (mit Verzeichniß seiner sämmtlichen Schriften). Witte,
Diar. biograph. ad ann. 1690. Chr. Thomasius, Freimüthige Gedanken,
1689, 687 —806. Koch, Compendium II. 261-68 und daraus bei Goedeke,
Gr. II. 509. Vilmar, Litteraturgesch., S. 371. Weller, Annal. II. 396.
Hamb. Schriftsteller-Lex., Bd. III. S. 97 ff.
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