Name: Anna,
| Aebtissin von Quedlinburg, war eine Tochter des Grafen
Botho von Stolberg. Anfange des 16. Jahrh. wurde sie, kaum dreizehn
Jahr alt, nachdem ihre Vorgängerin Magdalena der Abtei von Quedlinburg
entsagt und zu Gandersheim gestorben war vom Capitel gewählt, am 10. Febr.
1515 von Papst Leo X. und am 3. Oct. 1516 vom Kaiser Maximilian I. bestätigt
und am 5. Nov. feierlich eingeführt. |
Sie war die erste Aebtissin von
Quedlinburg, welche die lutherische Lehre annahm. Den ersten Versuchen in
Stadt und Stift Quedlinburg die Reformation zu verbreiten, stellte sich der eifrig
katholische Herzog Georg von Sachsen als Schutzherr des Stiftes energisch entgegen.
Diejenigen Mönche des Augustinerklosters und Pfarrer an den Stadtkirchen,
welche im Sinne Luthers predigten, wurden verfolgt und ihre Stellen
mit entschiedenen Katholiken besetzt. A., welche anfänglich der Reformation
gegenüber eine abwartende Stellung eingenommen hatte, entschied sich erst nach
Herzog Georgs Tode (1539) und als dessen Nachfolger Heinrich selbst dem neuen
Glauben sich zuwandte, für die lutherische Lehre. Die katholischen Geistlichen
wurden entfernt und evangelische eingesetzt. Der Superintendent Tilemen Plathner
(Platner) aus Stolberg, der von ihr auf eine Zeit lang nach Quedlinburg berufen
wurde, war ihr bei der Durchführung des Reformationswerkes behülflich,
doch fehlen darüber genauere Angaben. Zur Besoldung der Geistlichen und
Lehrer wurde aus den Gütern der Stadtkirchen ein allgemeiner Gotteskasten errichtet.
Die Zahl der Stiftsfrauen und der Canonici wurde beschränkt, der
Klosterdienst in der Stiftskirche ganz aufgehoben. Unter ihr wurde auch im J.
1540 die erste Visitation der Kirchen in der Stadt Quedlinburg abgehalten,
deren Protokoll eine der wichtigsten ,Quellen für die quedlinburgische Reformationsgeschichte
bildet. Auf Luther's und Melanchthon's Rath wurden die beiden
Schulen der Altstadt und Neustadt zu einer einzigen vereinigt und Aebtissin A.
überließ dem Rathe für dieses neue Gymnasium das verlassene Franciscaner-
Kloster, in dessen Räumen es sich bis in die neueste Zeit befand. A. starb am
4. März 1574. —Kettner, Kirchen- und Reformations-Historie des Kays. Freyen Weltl.
Stifts Quedlinburg S. 121 ff. Tileman Platner von Otto Plathner in der
Zeitschrift des Harzvereins, Jahrg. 1868, S. 289-292. Das Protokoll über
die erste Kirchenvisitation in Quedlinburg ist herausgegeben von Janicke in der
Zeitschrift des Harzvereins, Jahrg. 1872.
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