Name: Christian August,
| Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorp , 40.
Bischof von Lübeck, Administrator der herzoglichen Lande während des nordischen
Krieges, geb. 11. Jan. 1673, † 25. April 1726, |
war zweiter Sohn Herzog
Christian Albrechts, Enkel Friedrichs III., Urenkel Johann Adolfs, welcher der
dritte Sohn Adolfs, der Stifter der Gottorper oder herzoglichen Linie des dänischen
Königshauses, war. Ch. A. erbte die Conflicte, in welche von Adolf (s.
d.) durch Theilung der Herzogthümer bei gemeinsamer Regierung beider Linien
die Gottorper gestellt waren. Die Reibungen nahmen zu, seit Herzog Friedrich III.
durch seinen Schwiegersohn, König Karl X., im Roeskilder Frieden 1658 volle
Souveränetät für den herzoglichen Antheil erwarb. Damit war Gottorp an die
schwedische Politik geknüpft und in die Interessen der Großmächte hineingezogen.
In fast jedem europäischen Kriege figuriren von da an die Gottorper Händel.
Ch. Augusts Vater, Christian Albrecht, zweimal von seinem Schwager, König
Christian V., verjagt, ward durch die Garantiemächte Holland und England
wiederhergestellt. Der Streit zwischen den Söhnen, König Friedrich IV. und
Herzog Friedrich IV., dem Schwager Karls XII., war eine der Ursachen des
nordischen Krieges. Im Frieden von Travendal 1700 rasch beigelegt, war er
keineswegs beendigt. Zwei Jahre darauf fiel Herzog Friedrich IV. in der
Schlacht bei Klissow. Sein Bruder Ch. A. übernahm die Landesverwaltung
für den zweijährigen Neffen, Karl Friedrich, welchen die Mutter, Hedwig Sophie,
ältere Schwester Karls XII., in Schweden erzog. Ch. A. war seit 1701 Coadjutor,
erwählter Nachfolger für das Bisthum Lübeck, Welches sein Vater bis zur
Uebernahme der herzoglichen Regierung inne gehabt hatte, und dessen Bischof
damals sein Oheim, August Friedrich, war. Auch das Bisthum Lübeck, seit
Johann Adolf (1586) in den Händen der Gottorper, ward ein Gegenstand beständigen
Haders mit der königlichen Linie, namentlich nachdem Herzog Friedrich
III. 1647 für die Erhaltung desselben am westfälischen Friedenscongresse
eingetreten war und zum Lohn seinem Hause die sechsmalige successive Besetzung
des Bischofsstuhls vom Domcapitel ausbedungen hatte. Als daher August
Friedrich 1705 starb, mußte sich Ch. 'II. mit Gewalt in Besitz setzen, in welchem
er sich unter schwedischem Beistande behauptete. Auch auf seine Haltung als
Administrator der Herzogthümer wirkte die schwedische Politik um so mehr ein,
als die Mutter des unmündigen Herzogs eine schwedische Prinzessin, dieser selbst
der muthmaßliche Erbe der schwedischen Krone war. Die letztere Aussicht schwand
freilich seit dem Tode der Prinzessin (1708) mehr und mehr, und durch Karls
Besiegung bei Pultawa ward die Sachlage mit einem Schlage verändert. Dänemark
erneuerte das Bündniß mit Rußland und Sachsen von 1699. Schweden
ward in seinen deutschen Provinzen aufs äußerste bedrängt. Dem Gottorper
Hause war unter solchen Umständen Festigkeit, ruhige Umsicht und Klarheit über
das erreichbare Ziel geboten. Aber keine dieser Eigenschaften besaß der Administrator,
welcher, prunkliebend und genußsüchtig, ein Spielball in den Händen
seiner Umgebung war. Aus dieser wurden treue Diener, wie der alte Geheimrath
v. Wedderkop , gewaltsam entfernt. Unzuverlässige Emporkömmlinge traten
an die Stelle, unter denen der genialste, aber verwegenste der bekannte Graf
Görtz war. Seinen Rathschlägen folgend, machte der Administrator den Vermittler
nach allen Seiten , zog sich aber dadurch nur den allgemeinen Vorwurf
des Wortbruchs und der Treulosigkeit zu. Er bewarb sich um Dänemarks
Freundschaft, während er mit Karl XII. in geheimem Verkehr stand. Er gelobte
Neutralität und ließ den schwedischen General Stenbock 1713 in seine Festung
Tönningen ein. Er verhandelte mit Preußen einen Vertrag, nach dem man die
Schweden gemeinsam nöthigen wollte , ihre pommerschen Besitzungen in neutrale
Hände zu geben, um so den Kriegsschauplatz aus Deutschland zu entfernen —
und schloß sich sofort an den rückkehrenden schwedischen König an. Die Folge
war, daß der von Dänemark eingezogene herzogliche Theil von Schleswig für
alle Zeit verloren ging. Holstein und das Bisthum Lübeck wurden von den
Dänen erst geräumt, nachdem der junge Herzog 1719 die Regierung angetreten
hatte. Daß während der Administration die Interessen der Herzogthümer verwahrlost,
seine Hülfsquellen höchst willkürlich und drückend ausgebeutet wurden,
ergeben die darüber vorhandenen Actenstücke. Ch. A. hinterließ von seiner Gemahlin,
Albertine Friederike von Baden-Durlach , außer vier Töchtern vier
Söhne. Drei von ihnen und der Sohn des vierten folgten dem Vater als
Bischöfe. Durch den zweiten, Adolf Friedrich (s. d.) , ward Ch. A. Stammvater
der Gottorper auf dem schwedischen Königsthron, durch den vierten Stammvater
des heutigen großherzoglich oldenburgischen Hauses, indem für die Verzichtleistung
sämmtlicher Gottorper auf ihren Antheil an den Herzogthümern, unter
Genehmigung der schwedischen und der russischen Linie (der Nachkommen Friedrichs
IV.) , Ch. Augusts jüngeren Söhnen die oldenburgischen Stammlande
1773 zugewiesen wurden, zu welchen 1803 das säcularisirte Bisthum Lübeck kam.
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