Name: Tonsor: Vorname: Johann Heinrich T.,
| Philosoph und Theolog, geboren am
14. März 1595 als Sohn des Predigers Jonas T. zu Alsfeld, studirt auf
der eben gegründeten Universität Gießen, verfaßt mehrere Dissertationen politischethischen
Inhalts ("De obedientia subditorum", "De statu hodierno imperii",
1618), wird 1620 Professor der Physik und siedelt in gleicher Eigenschaft nach
Marburg über, als infolge des Reichshofrathsbeschlusses vom 1. |
April 1623
das Marburger Erbe in darmstädtischen Besitz kam. Er führte sich hier ein
mit einer Rede über die Rede, welche Aufsehen erregt haben muß und daher
in den Annalen der Universität verzeichnet ist. Er entfaltet in den ersten
Jahren eine emsige Thätigkeit; aus 1625 —1631 haben mir 80 Dissertationen
vorgelegen, welche unter seiner Mitwirkung entstanden sind; sie betreffen meist
physikalische, zum Theil auch ethische Themata. Die Behandlungsweise ist noch
eine durchaus scholastische, Thomas v. Aquin ist eine der Hauptquellen; ein
Einfluß der bereits erwachten Naturwissenschaft ist nicht zu bemerken. — Wenn
einer Angabe der Annalen (C. J. Cäsar, Catalogi studiosorum schol. Marpurg.
fsc. 15, 30) Gewicht beigelegt werden darf, so ging T. 1632 auf höhern Befehl
zur Theologie über. Mit einer Abhandlung "De baptismo" erwarb er sich
1633 den theologischen Doctorgrad. Von seiner Thätigkeit als Theologe zeugen
fünf Dissertationen über das Abendmahl aus 1632 —1635, sowie "Disputationes
catecheticae, in quibus quaestiones in decalogum breviter explicantur", 1644 bis
1647. Auch als Theologe ist er Scholastiker geblieben. In den Disp. catech.
herrscht durchaus die casuistische Methode; sie wollen nicht eine katechetische Behandlung
des Dekalogs geben, sondern an der Hand des Dekalogs eine Moral.
Aber die Fragen sind präcis und praktisch; dogmatischer Ballast ist vermieden.
— Dreimal ist T. Rector, bezw. Prorector der Universität gewesen: 1628, 1640,
1648. Aber bereits 1645 hatte er sich wegen einer Pest nach Gießen geflüchtet;
und die Unruhen, von welchen in dem letzten Jahrzehnt des großen Krieges
gerade die Gegend um Marburg heimgesucht wurde, mögen die akademische Lehrthätigkeit
vielfach unterbrochen haben. Noch ehe es zur Neugründung der Universität
Gießen kam, ist T. dort am 1. December 1649 gestorben. — Das
Verzeichniß seiner Schriften bei F. W. Strieder, Hess. Gel. und Schriftstellergesch.
XVI, 228 ff. ist unvollständig und ungenau.Vgl. über ihn noch Joh. Tilemann gen. Schenck, Vitae professorum
Theol. Marburg 1727. — M. C. Curtius, Fasti Rectorum etc. Marburg
1777 und C. J. Cäsar, a. a. O. fsc. XIII, XIV, XV.
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