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Name: Röth;
Vorname: Eduard Maximilian R.,
geb. zu Hanau als Sohn eines Volksschullehrers am 12. October 1807.

Zu Rödelheim bei Frankfurt, wohin der Vater versetzt ward, erhielt R. seine erste Bildung, demnächst auf dem Gymnasium zu Wetzlar und der Universität Gießen. Er studirte darauf in Frankfurt bei einem jüdischen Gelehrten die rabbinische Litteratur. Die erste Frucht dieser Arbeiten war die 1835 erschienene "Untersuchung über den Verfasser und die Adressaten des Hebräerbriefes ', welche sowol über die Dogmen der ersten christlichen Gemeinde, wie über die Entwicklung des Paulinischen Glaubensbegriffs merkwürdige Aufschlüsse enthält. Getrieben von dem Verlangen, den Vorstellungen. welche ihm hier begegneten, geschichtlich weiter' nachzuspüren, ging er 1836 nach Paris, um bei Sylvestre de Sacy, Burnouf, Stanislas Julien orientalische Sprachen zu studiren und zugleich durch naturwissenschaftliche Studien bei Arago, Biot, Dulong, Dumas u. a. den Ideenkreis, in dem er sich bewegte, zu bereichern. Auch mit Hieroglyphen beschäftigte er sich. Aus den hier gemachten Beobachtungen überzeugte er sich, daß die Wurzeln unserer heutigen Erkenntnisse nicht in Indien und China, sondern vielmehr in den Lehren der Aegypter und Zoroaster's zu suchen seien. Auf dieser Grundlage construirte er also die Geschichte der abendländischen Philosophie. 1840 habilitirte er sich als Privatdocent in Heidelberg, las Logik und Metaphysik, Psychologie, philosophische Encyklopädie, Geschichte der abendländischen Philosophie u. s. w. 1846 ward er zum außerordentlichen, 1850 zum ordentlichen Professor der Philosophie und des Sanskrit ernannt. Seine "Geschichte der Philosophie" erschien in zwei Bänden 1846 und 1858. Dazwischen veröffentlichte er die 34 ersten Capitel des "Totenbuches" übersetzt und mit Glossar, und die Entzifferung der cyprischen Inschrift von Idalion. Leider erschöpften die zu großen Anstrengungen, welche er sich zumuthete, vor der Zeit seine Kräfte! nachdem er schon seit 1850 gekränkelt hatte, starb er am 7. Juli 1858, gleich ausgezeichnet durch Geist, weit umspannende Gelehrsamkeit und liebenswürdige Persönlichkeit.Allgem. Zeitung 1858 Nr. 224 Beilage. Vergl. v. Weech in den badischen Biographien II, 210.
L.
Rothari, Langobardenkönig (636-652), aus der Sippe Arodus, Nachfolger Arioalds (über die allgemeine Lage Italiens zur Zeit der Langobardenherrschaft, die einander bekämpfenden Mächte vergl. den Artikel Liutprand). Wir sind über die Thätigkeit des ohne Zweifel tüchtigen Herrschers nur sehr ungenügend unterrichtet; er führte den von seinen Vorgängern überkommenen Kampf gegen die Römer und Byzantiner in Mittel und Süditalien erfolgreich fort: er eroberte von der tuskischen Stadt Luna alle Städte der Römer bis zur fränkischen Grenze, ebenso Opitergium zwischen Treviso und Forojuli, die ravennatischen Römer schlug er in der Aemilia an dem Fluß Scultonna so schwer, daß sie (angeblich) 8000 'Kann verloren, — eine in jenen Kämpfen sehr selten erreichte Zahl; gleichzeitig fochten die von der Krone nur locker abhängigen mächtigen Herzoge von Benevent gegen Slaven und Byzantiner im Süden. Paulus Diakonus lobt Rolhari's Tapferkeit

und auch des Königs Gerechtigkeit, obwohl er dessen arianischen Aberglauben beklagt: von Verfolgung der Katholiken war unter seiner Herrschaft so wenig die Rede, daß damals in fast allen Städten ein katholischer Bischof neben dem arianischen stand. Großes Verdienst erwarb sich der teineswegg nur auf Krieg bedachte Herrscher dadurch, daß er zuerst (643) langobardisches Recht, welches bisher nur als Gewohnheitsrecht auf mündlicher Ueberlieferung (durch Weisthümer) beruhte, mit zeitgemäßen Aenderungen im Vulgärlatein der Zeit aufzeichnen und nach eingeholter Zustimmung von Adel und Volk als Edictus veröffentlichen ließ. Das Vorwort, der Justinianeischen Novelle VII nachgebildet, erklärt als Zweck ausdrücklich die Umbildung und Besserung des bisher geltenden Rechts, welches andererseits als Quelle und Grundlage des Edictus von dessen der Novelle VIII ähnelndem Nachwort bezeichnet wird. "Rothari's Edict ist mit Recht als die hervorragendste legislative Schöpfung aus der Zeit der Volksrechte bezeichnet worden. Es ist ein Wert aus Einem Guß, die Rechtssätze sind klar und scharf formulirt . Die zahlreichen Kunstausdrücke für die Rechtsbegriffe sind der oberdeutschen Zunge angehörig, das römische Recht ist verwerthet, aber mit Maß, unter würdiger Wahrung der Selbständigkeit des germanischen Rechts eines Germanenvolkes. Das Kirchliche ist wenig berücksichtigt. Das Gesetz wollte außer in rein langobardischen, wahrscheinlich auch in gemischten, das römische Recht sollte nur in rein römischen Fällen angewendet werden. Dafür spricht schlagend, was noch nicht beachtet ist die Uebertragung des Edicts in das Griechische für die Byzantiner in Benevent, welche doch gar keinen Entstehungsgrund gehabt hätte, falls diese auch in gemischten Fällen nach Justinianeischem Recht, also gar nie nach dem Edictus gerichtet worden wären. R. starb nach einer Regierung von 16 Jahren und vier Monaten (652); ihm folgte sein Sohn Rodoalt, der schon nach sechs Monaten ermordet ward.Paulus Diaconus, Historia Langobardorum cd. Waitz, Hannoverae 1878. — Edictus Langobardorum ed. Bluhme, Monumenta Germaniae historica Leg. IV. (1869). —Savigny, Geschichte des römischen Rechts im Mittelalter II. — Merkel, Geschichte des Langobardenrechts 1850. — Pasquale del Giudice, le tracée di diritto romano neue leggi longobarde i, Pavia 1886. — Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, Leipzig 1887 — Dahn , Urgeschichte der germanischen und romanischen Völker IV, Berlin 1889.

Dahn.