Name: Rehbinder: Vorname: Nicolai Graf R.
| entstammte einer alten livländischen
Adelsfamilie und wurde am 6. December a. |
St. (18. December n. Se.) 1823
zu Reval geboren. Er erhielt seinen Unterricht theils durch Hauslehrer, theils
auf der Ritter- und Domschule seiner Vaterstadt, trat im 17. Jahre als Junker
in den russischen Flottendienst und wurde nach zwei Jahren Officier. Nachdem
er mehrere interessante Seefahrten im baltischen meere und in der Nordsee,
darunter eine mit dem Großfürsten Konstantin längs der finnischen Schären und
eine nach Dänemark, mitgemacht hatte, trat er 1845 aus dem Seedienst und
lebte nun einige Zeit als Gutsbesitzer und Landwirth in Esthland. Doch gab
er diese ihm nicht zusagende Beschäftigung bald wieder auf, zog als Privatmann
nach Reval und trat 1848 in russische Civildienste. Er amtirte viele Jahre in
Hapsal, einem Ostseestädtchen, das als Badeort von den Bewohnern der benachbarten
Provinzen und besonders von den Petersburgern während des Sommers
gern besucht wird, nachmals in Libau, wo er 1860 —61 die "Libau'sche Zeitung
herausgab, während des polnischen Ausstandes 1863 —64 an der russisch-preussischen
Grenze in Polangen und zuletzt als Beamter der baltischen Eisenbahn
in Reval. Treu seiner Ueberzeugung und ein unermüdlicher Kämpfer für Aufklärung,
Wahrheit und Recht ist er hart vom Schicksal heimgesucht worden
und hat schwer zu leiden gehabt, sowol im Kampfe gegen alles Ultramontane
und Feudale von seinen Standesgenossen, die ihn unerhört anfeindeten, als auch
im Streit gegen die Corruption des Beamtenthums in seinen Dienstverhältnissen;
ja es gelang seinen Feinden sogar, ein ihm und seinen Kindern zustehendes
Vermögen durch Erbschleicherei ihm in entziehen. Alle diese Kämpfe spiegeln
sich auch in vielen seiner lyrischen Poesien wieder und eröffnen erst das rechte
Verständniß derselben. Als Dichter zeichnete sich R. durch ein edles Streben.
einen unermüdlichen Eifer und besonders durch Förderung junger poetischer
Landsleute aus. In dem von ihm herausgegebenen "Baltischen Album" (1848)
und dem "Musenalmanach der Ostseeprovinzen" (III, 1854—56) vereinigte er
eine Reihe von jungen Poeten, von denen mehrere später eine achtungswerthe
Stellung in der Litteratur einnahmen. Seine Berichte in der Zeitschrift "Das
Inland" über "Die belletristische Litteratur der Ostseeprovinzen Rußlands von
1800 —1852 (sep. 1854) bieten eine klare und erschöpfende Uebersicht der
litterarischen Personen und Werke während jenes Zeitraums. Von R. selbst
besitzen wir folgende Sammlungen seiner Gedichte: "Blätter" (1846); "Neue
Gedichte (1848); "Seemanns Ende. Episches Gedicht (1849); "Vom Meeresstrande"
(1856); "Aus dem Innersten. Letzte Gedichte" (1873). Von seinen
Dramen zeichnet sich besonders "Rizzio, Trauerspiel in 5 Acten" (1849) aus.
Seit dem Jahre 1874 schwer leidend, suchte R. vergebens Hülfe durch den
Besuch deutscher Bäder, doch blieb ihm auch in seiner Krankheit die Muse noch
treu und konnte er noch die Veröffentlichung seines letzten Werkes "Jesus von
Nazareth, Trauerspiel in 5 Acten" (1875) in Wiesbaden ins Werk setzen. In
die Heimath zurückgekehrt, mußte er sich bald in Dorpat einer schweren, gefährlichen
Operation unterwerfen, und an den Folgen derselben ist er am 31. August
a. St. (12. September n. et.) 1876 in Dorpat gestorben.
Jegór v. Sivers, Deutsche Dichter in Rußland. Studien zur Litteraturgeschichte.
Berlin 1855, S. 593. — Mittheilungen aus der Familie.
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