Name: Raue: Vorname: Johann R.,
Unter A. Buchner's Einflusse veröffentlichte er 1632 eine Sammlung lateinischer Epigramme und begrüßte einen talentvolleren Dichtergenossen, den in Leipzig studirenden Paul Fleming, brieflich. Die Kriegsnoth in der Mark und der plötzliche Tod seiner Eltern und Geschwister mochten ihm die Rückkehr in die Heimath verleiden. Als Magister ging er 1633 nach Erfurt, um ein Lehramt am Gymnasium und an der Universität zu übernehmen. Doch machte er sich hier und an der Rostocker Hochschule (1636-1639) durch seinen öffentlichen Tadel der hergebrachten Lehrmethode viele Feinde. Daher folgte er 1639 einem Rufe des dänischen Königs an die Soröer Ritterakademie, wo er als Amtsgenosse Johann Lauremberg's eine Professur der Geographie und Chronologie, später auch der Eloquenz und Logik bekleidete. 1646 suchte er um seine
Entlassung nach, da er am Danziger akademischen Gymnasium einen günstigeren
Boden für seine Reformpläne zu finden hoffte. Da jedoch weder der Rector
Abraham Calov (s. A. D. B. III, 712) noch sein Nachfolger auf dieselben eingingen,
wandte er sich 1652 an den Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen
und legte diesem seinen Methodus informandi vor; allein obwol die Gutachten
der Universitäten und Schulrectoren zum großen Theil günstig ausfielen, mangelte
es vor allem an den nöthigen Geldern. Nachdem R. noch in Gotha
und Altenburg angeklopft, versuchte er es in der Heimath , und hier gelang
es ihm, vom Großen Kurfürsten am 26. Juli 1654 zum Generalinspector
aller Schulen der Mark Brandenburg ernannt zu werden. Bei der großen
Geldnoth jedoch waren die Erfolge seiner Thätigkeit sehr geringfügig. So mochte
es ihm selbst willkommen sein , daß ihm der Kurfürst am 20. April 1659 die
Verwaltung seiner Bibliothek übertrug. In dieser Stellung starb er 1679 zu
Berlin.Den Mittelpunkt von Raue's wissenschaftlicher Thätigkeit bilden seine pädagogischen
Bestrebungen, die freilich durch allerlei Mißgeschick, vielleicht auch durch
Mangel an eigener Stetigkeit und Energie in ihrer Entfaltung gehemmt wurden.
Er war durch die Schriften von Amos Comenius angeregt und empfing von
diesem und seinem Lehrer Buchner Anerkennung. Ohne den umfassenden Blick
des ersteren zu besitzen, erkannte er richtig die Mängel der alten mechanischen
Unterrichtsweise und machte selbständig theilweise recht praktische Besserungsvorschläge
für den Anfangsunterricht der Trivialschule: Decliniren und Conjugiren
soll zuerst an der Muttersprache erlernt werden! die lateinische Sprache
werde dann durch eine Bilderfibel mit Fabeln, wie sie J. Buno 1650 nach
Raue's Plane entwarf, und durch etymologisch geordnete Vocabularien gelehrt;
denn anschaulich und anregend soll der Unterricht sein; erst später folge der praktischen
Grammatik die systematische. Für die Lectüre empfiehlt R. die Historiker:
Nepos, den er selbst für die Schule herausgab, Cäsar, Livius, Curtius. Er bevorzugt
nachdrücklich die Realien, Geographie, Botanik, Geometrie, Medicin,
auch Stenographie, und will die Arithmetik, Logik, Rhetorik beschränken. Unter
den zahlreichen Schriften Raue's verdient noch eine handschriftlich erhaltene Schulcomödie
(auch Comenius dichtete solche) erwähnt zu werden: "Drama super
originibus populi Romani, h. e. Aeneae et Laviniae coniugio", 1648 in Danzig
aufgeführt. Fünf Acte in schlichter lateinischer Prosa nach Vergil, dazu eine
deutsche Uebersetzung und als Zwischenspiel ein lebendiges Bild aus dem Wittenberger
Studentenleben.G. G. Küster, Altes und neues Berlin 1, 315 f., 276, 1012. — Die
vortreffliche Arbeit von A. Ziel, Joh. Raue's Schulenverbesserung. Progr.
Dresden 1886, hat besonders das Dresdener Archiv ausgenutzt. — Bolte,
Zeitschr. f. deutsche Philol, 20, 85. — Weißenborn, Acten der Erfurter Universität
2, 550. — Lappenberg, P. Fleming's Deutsche Gedichte S. 582,
807 (1865). — Eine Handschrift von Raue's Wohlgemeinter Deduction-Schrifft
über die Schulenverbeßerung" besitzt das Berliner Gymnastum zum
Grauen Kloster. — Ueber die Berliner Mscr. germ. Fol. 525 und Quart
437 werde ich noch besonders berichten. — Ein Porträt im Berliner Liber
pictur. B 26 Nr. 188.
|