Name: Pistoris: Vorname: Simon P.
| (Becker), Arzt, ist in der Mitte des 15. Jahrhunderts
(1453 oder 1454) in Leipzig geboren. |
Er stammte aus einer angesehenen
ärztlichen Familie, hatte in seiner Vaterstadt Medicin studirt, wurde
daselbst 1473 zum Magister philosophiae, 1487 zum Doctor der Medicin
promovirt, trat 1488 in die medicinische Facultät ein und wurde bald nachher
zum Rathsherrn und Syndicus ernannt. Infolge einer (unten erwähnten) lebhaften,
mit Ingrimm und Leidenschaftlichkeit geführten wissenschaftlichen Polemik
mit seinem Collegen Martin Pollich sah er sich veranlaßt, Leipzig zu verlassen;
er trat 1501 als Leibarzt in die Dienste des Kurfürsten Johann von Brandenburg
und soll durch seine Bemühungen bei dem Fürsten an der (1506 erfolgten)
Begründung der Universität zu Frankfurt a. d. O. wesentlichen Antheil gehabt
haben. Als er hörte, daß Pollich Leipzig verlassen hatte und nach Wittenberg
übergesiedelt war, kehrte er 1508 nach Leipzig zurück, wurde wieder zum Professor
der Pathologie, später zum Professor der Therapie und zum Decan ernannt
und ist hier im J. 1523 gestorben. — P. war ein enragirter Anhänger
der arabischen Heilkunde und. wie die meisten Aerzte seiner Zeit, der Mystik,
besonders der Astrologie zugethan. — Seine historische Bedeutung ist in seinem
mit Pollich über den Ursprung der Syphilis geführten Streit begründet; der
Letztgenannte hatte die von Leoniceno vorgetragenen, sehr rationellen Ansichten
über die Natur der Seuche vertheidigt und dabei, in Uebereinstimmung mit
diesem hervorragenden Gelehrten, die Satzungen der griechischen und römischen
Aerzte über die der Araber gestellt. P. fühlte sich hierdurch in seiner tiefen
Verehrung der arabischen Heilkunde schwer verletzt und veröffentlichte drei Streitschriften
"Positio de morbo franco" (1498) — "Declaratio defensiva cujusdam
positionis de malo franco" (1500) und "Confutatio contlatorum circa positionem
quandam extraneam et puerilem a malefranco" (1501), in welchen er den
astralischen Ursprung der Syphilis, jedoch mit so schwachen Waffen vertheidigt
hat, daß er aus dem Kampfe als Besiegter hervorgegangen ist. Außer diesen
drei Gelegenheitsschriften hat er "Ein Kurtz, schon unnd gar trostlich regiment
wider die sweren unnd erschrecklichen Krankheit der Pestilentz (1506) verfaßt.
Uebrigens war P. von seinen Mitbürgern als geschickter Arzt und von seinen
Schülern als Lehrer hoch geschätzt.Vergl. hierzu Fuchs, Die ältesten Schriftsteller über die Lustseuche in
Deutschland etc. Gött. 1843, S. 398. — In eben diesem Werke finden sich
die drei oben genannten Streitschriften (S. 127, 155 u. 219) abgedruckt.
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